Polarlichter in Europa werden häufiger, kommen weiter nach Süden.

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Herfried
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Sonntag 22. März 2015, 01:44

Mir war es IMMER noch ein Rätsel, wie so moderate Bedingungen wie zuletzt bei UNS in Österreich toll visuell sichtbares Polarlicht bewirken können.
Alle Erfahrung aus 2001, 2, 3, 4 sprach dagegen dass es bei irgendwas außer einem extremen G5 geomagnetischen Sturm bei uns klappen könnte.

Nun in den letzten Jahren haben sich die Karten geändert.

Signifikant geändert.


Schulwissenstest: Wo liegt der geomagnetische Nordpol?

Wer nun antwortet "so ca. 75° Nord, irgendwo im kanadischen Archipel"
LEIDER FALSCH.

http://de.wikipedia.org/wiki/Erdmagnetfeld" onclick="window.open(this.href);return false;

Folgender Linkt zeigt: Seit einigen Jahren wandert der Nordpol rasch von Kanada Richtung Sibirien. Die früher gemütliche Bewegung hat sich mittlerweile beschleunigt. Für uns Mitteleuropäer heißt dies derzeit, dass Kompasse tatsächlich fast genau nach Norden zeigen. - und nicht nach NNW wie noch vor einigen Jahren

http://de.wikipedia.org/wiki/Erdmagnetf ... itions.svg" onclick="window.open(this.href);return false;


Noch schöner und aktueller lässt sich die Lage des geomagnetischen Pols mit den Daten des aktuellen "World Magnetic Model" abschätzen. Der Pol liegt nahe der Datumsgrenze auf 180°, und ca. auf dem 87 Breitengrad, geht also in Richtung russische Seite der Arktis. Im Vergleich zu 2003 sind das rund 10°, die uns der magnetische Nordpol nun näher liegt. Oder anders gesagt, um 10° kommen Polarlichter bei gleichwertigen Bedingungen nun weiter Richtung Süden (während es in Amerika weniger leicht nach Süden vordringt).

http://de.mathworks.com/help/aerotbx/ex ... epoch.html" onclick="window.open(this.href);return false;


Außerdem schwächt sich der Erdmagnetfeld ab, es geht langsam, beständig in Richtung einer Umpolung, die wir vielleicht auch erleben werden (diese Prognosen sind aber eher unsicher, wie vieles, was nach geologischen Zeitmaßstäben knapp bevor steht; auch Tausend Jahre wären hier "sehr bald")

http://www.geomag.bgs.ac.uk/education/reversals.html" onclick="window.open(this.href);return false;



Auf jeden Fall haben sich die Sichtchancen für Polarlichter hierzulande aufgrund des Status des Erdmagnetfeldes im Vergleich zu den letzten paar Sonnenmaxima deutlich verbessert - sind so günstig wie zuletzt vor rund 500 Jahren zu Beginn der Neuzeit (im Mittelalter war der Pol zumeist Europa näher)!
Damit aber ist es wahrscheinlich dass es bei ähnlichen Events, die noch vor 12 Jahren grad mal in Norddeutschland für fotographisches PL gereicht haben, in Zukunft auch bei uns im Süden Mitteleuropas sichtbares Polarlicht gibt...

Bild
Schöne Grüße aus Mühldorf bei und 100 m über Feldbach, Herfried Spät-Schneefrosch 2011 und 2020 ex aequo, früh 2021, Eisfrosch 2020
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Werner
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Sonntag 22. März 2015, 07:28

Danke Herfried!
Ein spannendes Thema das auch wieder zeigt, wie dynamisch alles ist.

Liebe Grüße!
Werner
http://www.wetter-mitterlabill.at bzw. http://www.wetter-schoeckl.at
Standort: Bezirk Leibnitz, 8413 Schwarzautal, Mitterlabill / Mitterlabill-Berg (350 m)
Messungen erfolgen mit: Wetterstation WS444PC / Raspberry Pi 2 / Meteohub
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Feli
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Sonntag 22. März 2015, 07:33

interessante infos! und kann uns doch nur recht sein wenn wir mehr chancen haben auf polarlichter! *top*
liebe grüsse
(die) Feli
Bild
Aschach/Steyr/OÖ 435m, Wetterstation: Davis Vant-Vue
I took a heavenly ride through our silence, I knew the waiting had begun. And headed straight into the shining sun -D. Gilmore
Schneefrosch 2017/2023
Eisfrosch 2020/21
Wetterhexe

Sonntag 22. März 2015, 07:57

Danke für das spannende Thema, Herfried! Sehr positiv, dass wir auch in unseren Breiten nun größere Chancen haben,
Polarlichter zu sehen. *freu*

Im Zusammenhang mit der "Umpolung" sei noch der umstrittene Historiker Charles Hapgood erwähnt, zu dessen Werk
"The Earth's Shifting Crust" immerhin Albert Einstein das Vorwort verfasst hat.

http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Hapgood" onclick="window.open(this.href);return false;

Und schließlich hat sich auch noch als erster ein drittklassiger Katastrophenfilm, "Absolute Zero", des Themas Polsprung
angenommen:

http://www.imdb.com/title/tt0451998/" onclick="window.open(this.href);return false;

Wir wollen nicht hoffen, dass es so schnell geht. ;)
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Matthias
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Sonntag 22. März 2015, 09:39

...worauf sich die Frage aufdrängt:

Schwächung des Erd-Magnetfeldes plus "bevorstehender" (?) Umpolung - Auswirkungen auf die Erbeben- und Vulkantätikeit?

...ich habe da einen wissenschaftlichen Artikel gelesen - aber (zefix!!!), den find ich jetzt nimma.
lg,
Matthias

8072 Fernitz-Mellach, Graz-Umgebung

Wetterstation Fernitz: http://www.awekas.at/de/instrument.php?id=14717
nadjap
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Sonntag 22. März 2015, 09:59

Interessant, danke!
Klosterneuburg-Scheiblingstein, 487 m (gemessen mit NÖGIS), Wienerwald, Bezirk Wien Umgebung


http://www.fotografie.at/galerie/nadjap
http://www.facebook.com/NadjaPohlPhotography
Berni79
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Sonntag 22. März 2015, 10:10

Danke, Herfried. Zur Abschwächung des Erdmagnetfeldes und zum Polsprung hab ich auch schon vor längerer Zeit mal was gelesen.
LG, Bernhard

[x]Lienz (Nord), auf ca. 700 m
[] Seblas, Gde. Matrei in Osttriol, 975 m
[] Klagenfurt am Wörthersee, Welzenegg (Nordost), 439 m
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Herfried
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Sonntag 22. März 2015, 14:50

Veränderungen des magnetischen Pols haben keine weitere Auswirkungen auf die Geodynamik der Erde, und haben nicht mit (hypothetischen, ein mal soll's aber wirklich passiert sein) raschen Wechsel der Drehachse und damit des Rotationspols zu tun.

Umpolungen des irdischen Magnetfeldes kommen immer wieder - alle paar Jahrzehntausende - vor - werden zwar von Strömungen im flüssigen Metall des Mantels bewirkt, gehen aber nicht mit besonderen sonstigen geologischen Phänomenen einher.
Geomagnetische Umpolung schwächt das Magnetfeld, sorgt zweitweise für mehrere Pole (4..., 6...), und damit für deutlich erhöhte Polarlichtchancen und geomagnetische Sturmchancen. Sonstige Auswirkungen sind gering, auch bleibt das Magnetfeld stark genug uns vor schnellen Teilchen ausreichend zu schützen, damit die Ozonschicht keinen Schaden abbekommt.


Krustenverschiebungen / Sprünge des Rotationspols kommen abseits kosmischer Katastrophen (riesige Einschläge) selten vor, in der Vergangenheit der Erde hat es aber wenigstens eine Periode anhaltend extrem schneller Tektonik (Tausende male schneller als normal) und damit Verschiebung der Platten relativ zum Pol - bzw. eine Verschiebung der Rotationsachse selbst gegeben. Allerdings eine knappe Milliarde Jahre her...

Dies hat nichts mit den magnetischen Umpolungen zu tun (und glücklicherweise gibt es keine Hinweise auf derart heftige kommende Aktivität)...
http://en.wikipedia.org/wiki/Pole_shift_hypothesis" onclick="window.open(this.href);return false;
Schöne Grüße aus Mühldorf bei und 100 m über Feldbach, Herfried Spät-Schneefrosch 2011 und 2020 ex aequo, früh 2021, Eisfrosch 2020
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ThomasPf
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Sonntag 22. März 2015, 15:25

Danke Herfried, für die Infos! *top*

Der Wechsel der Polarität hat in den letzten 5 Mio. Jahren im Schnitt ca. alle 250.000 Jahre stattgefunden. Die letzte "Umpolung" war vor etwas mehr als 700.000 Jahren:
http://www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/ ... netismus-1

Wie schon Herfried geschrieben hat, kann eine Umkehr bevorstehen oder es sich lediglich um eine Exkursion (vorübergehende Schwächung) handeln.

Bzgl Kompass / Deklination:
http://www.zamg.ac.at/cms/de/geophysik/ ... onsrechner

PS: Die Kenntnis erdgeschichtlicher "Umpolungen" des Erdmagnetismus wird in der geologischen Altersbestimmung genutzt ->Magnetostratigraphie
http://de.wikipedia.org/wiki/Magnetostratigraphie
Liebe Grüße,
Thomas.


Hart bei Graz, Ragnitztal 47°4'25''N, 15°31'1''E, 418m ü.NN, bzw.
Graz Innere Stadt 47°04'12''N, 15°26'26''E, 353m ü.NN


Meine Fotoalben
Crakil

Samstag 30. Mai 2015, 12:13

Sollte der magnetische Nordpol seine Bewegungsrichtung beibehalten, so wird er Europa in den nächsten Jahrzehnten nur noch wenig näher kommen.

http://deeptow.whoi.edu/images/northpole2.jpg
regenmacher

Samstag 30. Mai 2015, 16:04

Übrigens; Wenn die Verschiebung des Magnetfelds zu einer Veränderung der Richtung der Magnetnadel an einem Ort um mehr als 10° führt, so müssen an Flughäfen Start- und Landebahnen umbenannt werden; dies war in den letzten Jahren in Europa häufig der Fall, so zum Beispiel:

Flughafen Linz (2010) von 09/27 auf 08/26 (http://de.wikipedia.org/wiki/Flughafen_Linz)
Flughafen Salzburg (2012) von 16/34 auf 15/33 (http://www.salzburg.com/wiki/index.php/ ... _umbenannt)

lg
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Foxfire
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Dienstag 2. Juni 2015, 11:12

Crakil hat geschrieben:Sollte der magnetische Nordpol seine Bewegungsrichtung beibehalten, so wird er Europa in den nächsten Jahrzehnten nur noch wenig näher kommen.

http://deeptow.whoi.edu/images/northpole2.jpg
Stimmt zwar, hat aber mit Polarlichter nur wenig zu tun. Diese richten sich nämlich nach den geomagnetischen Polen, nicht nach den magnetischen Polen (ist ein häufig zu lesender Irrtum). Der arktische (südliche) geomagnetische Pol liegt derzeit über Ellesmere Island in Kanada nahe dem äußersten Nordwesten Grönlands.

lg, Andreas
Wenn man einen Regenbogen will, muss man viel Regen in Kauf nehmen.

Meine Website: http://www.auroraborealis.at/
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