Wie das mit dem Föhn funktioniert

z.B. Halo, Temperaturprofil bei Strahlungsnacht, Alpines Pumpen, ...
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Exilfranke1

Mittwoch 19. Oktober 2011, 22:10

In der modernen Föhntheorie sind potentielle Temperaturunterschiede für die Föhnentstehung verantwortlich, nicht Niederschlag.
Potentiell kältere Luft auf der Luvseite stürzt wasserfallartig ins Lee und erwärmt sich trockenadiabatisch. Sorgt dies für einen Temperaturanstieg (vorher Kaltluftsee), spricht man von Föhn, sonst von Bora. Bora tritt daher bevorzugt dort auf, wo die Leeseite in Meeresnähe liegt (Adria, Schwarzes Meer), gelegentlich auch inneralpin (Inntal, Südalpen).

Der 'Clou' ist nun, dass beim Überströmen des Gebirges die Höhe der Inversion absinkt, und sich dadurch die Stromlinien unterhalb der Inversion am Gebirge drängen. Stromliniendrängung = Strömungsbeschleunigung.

In Vertikalschnitten sieht das so aus: http://wetteran.de/analysen/themen/skandi-13-03-06.html" onclick="window.open(this.href);return false; siehe letzte Abbildung.

oder so (Handskizze):

Bild

Man sieht deutlich die Drängung am Gipfel bzw. auf der Leeseite, wo die Winde am stärksten sind.

Ich habe das nie in der Praxis verifizieren können, dank der gestrigen Wanderung am Hochwechsel konnte ich es:

Bild 1 zeigt die südliche und östliche Steiermark sowie weite Teile des unter Dunst liegenden Grazer Beckens, ganz im Hintergrund zeichnen sich schemenhaft die Grenzgebirge (Bachergebirge, Karawanken, Steiner Alpen) in 130 bis 170 km Entfernung ab. Ein bedeutender Anhaltspunkt zur Bestimmung der Dunstobergrenze (= Absinkinversion) ist der Schöckl (1445m), der freistehende Berg rechts der Bildmitte, dessen Gipfelbereich noch aus dem Dunst herausragt. Ad hoc würde man etwa 1200 m vermuten, was auch der 03 UTC-Sounding-Messung von Graz entspricht.

Bild

Bild 2 zeigt die Situation am Alpenostrand (Wiener Becken), wo die Dunstobergrenze tiefer liegt. Die Hohe Wand (links) ragt noch knapp aus dem Dunst heraus. Die 12z-Sonde von Wien zeigt den Temperaturanstieg in ca. 950 m.

Bild

Genau zwischen beiden Inversionsregionen liegt das oststeirisch-burgenländische Hügelland (Günser Gebirge, Bucklige Welt, Wechsel, Semmering...), und hier wehte um die Mittagszeit lebhafter Südwind.

In diesem Bild sieht man den Niederwechsel und das Günser Gebirge dahinter. Rechts (im Südwesten) befindet sich die höhere Inversionsgrenze, links (im Nordosten) die tiefere Inversionsgrenze. Erkennbar daran, dass die niedrigere Inversion links eine scharfe Obergrenze aufweist, während die höhere Inversion mit dem Himmelsblau darüber zu verschmelzen scheint (extreme Kontrastbearbeitung zeigt dies eventuell auch).

Bild

Erstmals war jedenfalls der antizyklonale Föhn zum Anfassen in Theorie und Praxis vereint.

Gruß,Felix
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chris-wels
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Mittwoch 19. Oktober 2011, 22:20

ein meteorologe der auf einen hügel stieg und von einem berg runterkam - vollgestopft mit meteorologischen phänomenen im hirn. praxis- theorie. funktioniert guat, dees taugt ma.
lg chris
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günschi
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Donnerstag 20. Oktober 2011, 08:25

Da muss ich dann noch mal drüberlesen... zwecks kapieren.



Interessant, danke dafür!
*top*
Grüße, Günschi!
nadjap
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Donnerstag 20. Oktober 2011, 17:57

Sehr interessant und anschaulich!
Klosterneuburg-Scheiblingstein, 487 m (gemessen mit NÖGIS), Wienerwald, Bezirk Wien Umgebung


http://www.fotografie.at/galerie/nadjap
http://www.facebook.com/NadjaPohlPhotography
Exilfranke1

Freitag 21. Oktober 2011, 19:40

habs hier nochmal ausgeführt: http://www.inntranetz.at/foehn/foehn-18-10-11.html" onclick="window.open(this.href);return false;

vielleicht etwas verständlicher jetzt.
christian.vorgarten

Freitag 21. Oktober 2011, 21:53

Halle Felix,

mit großem Interesse lese ich schon seit geraumer Zeit deine Postings. Deine früheren Berichte aus Innsbruck haben mir viel geholfen, lokale Wetterphänomene in meiner früheren Heimat (St. Corona, niederösterreichisches Wechselgebiet) besser zu verstehen. Umso spannender, dass du jetzt hier unterwegs bist. Jedenfalls der Anlass für mich, mich beim Skywarn-Forum anzumelden.

Passend gleich eine Ergänzung zum beschriebenen Hochwechsel-Südföhn: An manchen Tagen kann man ein besonders interessantes, faszinierend schönes Phänomen am Kamm zwischen Nieder- und Hochwechsel beobachten. Durch den Südwind kommt es an der Südseite (Stmk.) zu aufliegender Steigungsbewölkung bzw. wird oft auch die Hochnebeldecke aus der Oststeiermark an der sanft ansteigenden Südseite bis Kammniveau hochgedrückt. Vom parallel des Nieder-Hochwechselzuges nördlich vorgelagerten Kampstein-Arabichlkamm kann man dann sehen, wie diese flach aufliegenden Wolken wie ein mehrere km breiter schnellfließender Wasserfall über den Niederwechsel gedrückt werden, dann am steilen Nordhang nach unten fallen, verwirbeln und sich im trockenen Fallwind rasch auslösen. In den Ortschaften direkt am Nordabfall des Wechsels ist es dann oft wolkenlos, mild und durch Lee-Effekte weitgehend windstill, nicht zu erahnen, welch eisige Kälte, Sturm und Nebel am Wechselkamm herrschen.
Hannes
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Freitag 21. Oktober 2011, 22:24

Sehr interessanter Beitrag Felix *top*
lg Hannes
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Standort [ ] Miesenbach bei Birkfeld
Exilfranke1

Freitag 21. Oktober 2011, 23:38

christian.vorgarten hat geschrieben:Halle Felix,

mit großem Interesse lese ich schon seit geraumer Zeit deine Postings. Deine früheren Berichte aus Innsbruck haben mir viel geholfen, lokale Wetterphänomene in meiner früheren Heimat (St. Corona, niederösterreichisches Wechselgebiet) besser zu verstehen. Umso spannender, dass du jetzt hier unterwegs bist. Jedenfalls der Anlass für mich, mich beim Skywarn-Forum anzumelden.

Passend gleich eine Ergänzung zum beschriebenen Hochwechsel-Südföhn: An manchen Tagen kann man ein besonders interessantes, faszinierend schönes Phänomen am Kamm zwischen Nieder- und Hochwechsel beobachten. Durch den Südwind kommt es an der Südseite (Stmk.) zu aufliegender Steigungsbewölkung bzw. wird oft auch die Hochnebeldecke aus der Oststeiermark an der sanft ansteigenden Südseite bis Kammniveau hochgedrückt. Vom parallel des Nieder-Hochwechselzuges nördlich vorgelagerten Kampstein-Arabichlkamm kann man dann sehen, wie diese flach aufliegenden Wolken wie ein mehrere km breiter schnellfließender Wasserfall über den Niederwechsel gedrückt werden, dann am steilen Nordhang nach unten fallen, verwirbeln und sich im trockenen Fallwind rasch auslösen. In den Ortschaften direkt am Nordabfall des Wechsels ist es dann oft wolkenlos, mild und durch Lee-Effekte weitgehend windstill, nicht zu erahnen, welch eisige Kälte, Sturm und Nebel am Wechselkamm herrschen.
Hallo Christian,

freut mich, wenn Dich meine Beiträge zu Skywarn geführt haben :-)

Willkommen bei den Verrückten ;)

Danke auch für die Beschreibung, ich vermute, das ist auch dasselbe Phänomen, das man am Semmering und Preiner Gscheid beobachten kann.

Und was ich in kleinerem Maßstab hier am Habicht fotografieren konnte (Pinnisjoch)

Bild

Hier erscheint normalerweise ein Video von YouTube. Bitte wende dich an einen Administrator.
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nadjap
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Samstag 22. Oktober 2011, 08:18

*willkommen* Christian!

Preiner Gscheid:

Bild
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Exilfranke1

Samstag 22. Oktober 2011, 19:56

Klasse foto, nadja. von der hohen kanzel aufgenommen oder preinerwand?
nadjap
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Sonntag 23. Oktober 2011, 09:38

Preinerwand, September 2008 ;)
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christian.vorgarten

Sonntag 23. Oktober 2011, 10:13

Danke Nadjap für die Fotos!

Ja, so ähnlich sieht es aus.
Am spektakulärsten sieht der Nebelwasserfall jedoch aus, wenn er direkt über den Wechselhauptkamm fällt. Dann hat er oft mehrere km Breite und ist oft auch sehr flach (nur wenige m).

Leider hatte ich noch nie die Kamera dabei. Auf Panoramico habe ich jedoch im Internet ein Foto davon gefunden:
http://www.panoramio.com/photo/31158240

Es ist gut zu sehen, wie die kalte Luft am Hang boraartig nach unten fließt, vom Hang abhebt und abtrocknet. Mein Heimatort liegt noch ein Tal weiter nördlich. Hier bliebt es dann völlig windstill, während im Marienseer Tal doch öfters SW-Böen durchgreifen.

Vergleichbar auch ein youtube-Video vom Grimselpass in der Schweiz:
http://www.youtube.com/watch?v=Tv6AcZeaZ2I

Ähnliche Videos findet man auch von den kanarischen Inseln.

Christian
nadjap
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Sonntag 23. Oktober 2011, 11:51

Ich finde das überhaupt ein sehr interessantes Phänomen da am Ostalpenrand :)
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Sonntag 23. Oktober 2011, 18:52

vllt. passt das auch so ähnlich dazu?

Ostwind treibt den Nebel aus dem Bregenzerwald ins Rheintal durch ein kleines tal und man merkte es auch dank dem Wind der in Lauterach (fast am Ende des Seitentales) stärker war als in der umgebung ;)
Bild
Lg. Michael , 21 :oe

Dornbirn 413 m.ü.A./Innsbruck 574 m.ü.A.
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