Tornados an Böenlinien?

Wie entsteht z.B. eine Rollcloud, Tornado, ...? Was ist die F-Skala etc ...?
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Exilfranke1

Samstag 20. August 2011, 15:08

Unabhängig vom Wahrheitsgehalt der Rotationsbeobachtung beim Jennersdorfer Fall stellt sich die Frage, ob und wie Tornados an Squall lines (Böenlinien) überhaupt entstehen können.

Der größte Tornadooutbreak weltweit bezogen auf die Fläche fand z.B. nicht in den USA statt, sondern in England, und zwar am 23.11.1981 in Zusammenhang mit einer rapid sich vertiefenden Sturmzyklone. An der Kaltfront entstand eine Squall line, die nicht einmal gewittrig war. Dennoch produzierte sie innerhalb von nur 5 Stunden unglaubliche 102 Tornados, wobei der Großteil davon schwach war (F0-F1).

In den meisten Fällen ist von Tornados durch Bogenechos die Rede, die als LEWP-Muster in eine Squall line eingebettet sind.
LEWP heißt: Line Echo Wave Pattern (linienechowellenmuster)

Bild

Beispiel: Kyrill, 18.1.2007:

Bild

alleine über Brandenburg (Ostdeutschland) produzierte das LEWP drei F3-Tornados

siehe auch:

http://apollo.lsc.vsc.edu/dept/faculty/ ... partII.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;

Auch nichtmesozyklonale Tornados an Böenfronten sind denkbar, wobei man hier zwischen Tornados und Gustnadoes (Böenfrontwirbel) unterscheiden sollte.

Gustnado (amerik. Wikipedia):
The cool air in the gust front acts like a mesoscale cold front. It slices under the warm air ahead of it, creating upward motions and turbulent interactions. The friction from this interaction creates a spinning column of air, or eddy, which can create a gustnado (to get the general idea of this, picture an area of leaves swirling on a windy day, just on a much larger scale).
Zu Diskussionen lädt allerdings die Frage ein, wie genau dieser Prozess funktioniert.

Es sind Tornados an der Outflow Boundary möglich, wo die vertikale Vorticity erhöht (beispielsweise trifft schwacher Südostwind auf starken Westwind, was starke Richtungs- und Geschwindigkeitskonvergenz produziert) und durch den Aufwind (wo warme Luft empor gerissen wird) gestreckt wird.

Wenn der Outflow der Shelf Cloud jedoch weit vorausläuft, stabilisiert die ausströmende Kaltluft die Bodenschicht und verhindert eine Wurzelung des Wirbels bis zum Boden. Dann sind zwar Trichterwolken möglich, aber keine (sichtbare oder unsichtbare) Fortsetzung bis zur Bodenschicht. Zudem sind die Wolken unterhalb der Shelf Cloud, die zur Böenwalze gehören nicht mit der Mutterwolke (Aufwindbasis) verbunden, sodass etwaige, verdächtige Fracten keine tornadischen Wirbel verkörpern können.

Wesentlich häufiger sind Tornados an quasi-stationären Linien, wo streckenweise vertikale Vorticity durch starke horizontale Konvergenz konzentriert ist, das fällt dann allerdings in den Wakimoto & Wilson (1989) -Prozess, wo geringe vertikale Windscherung Voraussetzung ist, vgl. http://journals.ametsoc.org/doi/pdf/10.1175/WAF-835.1" onclick="window.open(this.href);return false;

Sonst findet man im Internet sehr wenig über Tornados an schnell ziehenden Gewitterlinien.

Interessanter Zusatz von Manfred Spatzierer auf seinem Blog mit Beobachtungen aus Victoria (Australien)
In Fällen, wo sich zB Nordwestwind von 30 kt mit Süd mit 30kt vom Meer an so einem Cool Change abwechselt, bildet sich unter sonst wolkenlosem Himmel ein beeindruckender Bogen (Arcus ohne Gewitter). Von diesem hängen immer wieder Zipfel herunter, manche ganz kurz, manche lang und scheinbar bis zum Boden.. in idealer Trichterform. Sie existieren manchmal 10 sekunden, manchmal 50 Sekunden, länger hatte ich noch keinen beobachtet ... Sie schmiegen sich der Form des hereinrutschenden Kaltluftkeils an (die Meeresluft ist annähernd gesättigt) .. und passen zur Lösung der Vortictygleichung in diesem Spezialfall, nämlich dass sich an so einer Konvergenz mit Aufwind durchaus nebeinanderstehende, rotierende, nicht beständige Säulen bilden können.
Die Diskussion sei eröffnet.
Exilfranke1

Samstag 20. August 2011, 17:21

Hier ein Beispiel

Hier erscheint normalerweise ein Video von YouTube. Bitte wende dich an einen Administrator.
Hier erscheint normalerweise ein Video von YouTube. Bitte wende dich an einen Administrator.


vielleicht find ich noch mehr zu dem Fall.
Exilfranke1

Montag 22. August 2011, 15:15

viel mehr hab ich nicht gefunden,

aus dem video geht aber hervor, dass der schlauch weit vor der abwindwolke (böenwalze, cb arcus) entstand,
zudem ein seltener, schöner fall einer umgekehrten kondensation von unten nach oben!

das spricht dafür, dass die vorticity zuerst am boden konzentriert war (konvergenz zwischen outflow und inflow),
und dann durch den aufwindbereich an der mutterwolke (shelf cloud) gestreckt wurde.

Man beachte den Unterschied zur Jennersdorferin: Hier befindet sich das verdächtige Gebilde (das nicht mal ansatzweise
so schön ausschaut wie bei Lößnitz in Sachsen) in der Nähe der Abwindwolken, weist dadurch keinen Kontakt zur Mutterwolke auf.
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