Frage zu Multizellgewitter

Wie entsteht z.B. eine Rollcloud, Tornado, ...? Was ist die F-Skala etc ...?
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CineX
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Montag 26. August 2019, 13:23

Hallo zusammen,

ein Multizellgewitter wird ja von der Intensität zwischen einer Einzel- und einer Supzerzelle eingeteilt. Klassisches Merkmal einer Multizelle ist ja dass es aus mehreren Auf- und Abwindbereiche also im prinzip mehrere einzelne Gewitter besteht die jedoch eng beieinander liegen.
Was mich interessieren würde: Beeinflussen sich diese einzelnen Gewitterzellen eines Multizellgewitters eigentlich gegenseitig? Also können sich die Zellen gegenseitig abschwächen? Multizellgewitter sind zwar langlebig und können durchaus richtige Regenmengen und auch mittleren Hagel verursachen aber sie sind im allgemeinen ja doch deutlich schwächer als eine Superzelle. Daher kam mein Gedanke ob sich diese Zellen nicht gegenseitig "hemmen" ? Z.B. auch Energie "klauen" ?

LG
nadal
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Freitag 4. Oktober 2019, 11:45

Hallo CineX!

Gleich einmal vorweg, ich bin kein Meteorologe, also bei Bedarf an die Experten: Korrigiert mich! ;)
CineX hat geschrieben:
Montag 26. August 2019, 13:23
ein Multizellgewitter wird ja von der Intensität zwischen einer Einzel- und einer Supzerzelle eingeteilt. Klassisches Merkmal einer Multizelle ist ja dass es aus mehreren Auf- und Abwindbereiche also im prinzip mehrere einzelne Gewitter besteht die jedoch eng beieinander liegen.
Streng genommen gibt es keine Einzelzellen, da auch diese immer aus MEHREREN Aufwindbereichen bestehen. Typischerweise werden aber Einzelzellen als solche bezeichnet, welche nur einen kleinen, abgeschlossenen Niederschlagsbereich umfassen, üblicherweise mit einem Niederschlagszentrum und mehr oder weniger radialsymmetrischer Abnahme nach außen.

Bei Multizellen ist der Niederschlagsbereich größer, mit einem ausgedehnteren Zentrum bzw. mehreren Zentren, welche nicht voneinander isoliert sind. Die bekanntesten Spezialfälle von Multizellengebilden sind Gewitterlinie (wie aufgestelltes Lineal, also vergleichsweise geringe längliche, aber oft enorme Ausdehnung in der Breite) und Gewittercluster (unförmiger "Haufen").

Superzellen sind Spezialfälle organisierter Gewitter, also solchen mit einer ausgeprägten, räumlichen Auf-/Abwindtrennung. Neben den "Grundzutaten" für Gewitter (Hebung, Labilität, Feuchte) ist hier eine gewisse Windänderung mit der Höhe (Windscherung) erforderlich, konkret in Form ausreichend zunehmender Windstärke (Geschwindigkeitsscherung) und Änderung der Windrichtung mit der Höhe (Richtungsscherung). Während die Geschwindigkeitsscherung dafür sorgt, dass der Abwind mit dem Niederschlag eine gewisse horizontale Distanz zum Aufwindbereich aufweist und diesen nicht so leicht "zerdrückt" wie bei unorganisierten Zellen, neigt der Aufwind bei vorhandener Richtungsscherung zum Rotieren.
Beide Eigenschaften sorgen dafür, dass neben der Intensität Superzellen auch besonders langlebig sein können. Diese können sowohl als "Einzelzelle" als auch eingelagert in einer Multizelle (gerne etwa am Südrand von Gewitterlinien) vorkommen. Hauptgefahren von Superzellen sind großer Hagel und Sturm- /Orkanböen in Form von Downbursts (letztere aber auch bei Gewitterlinien!). Etwas geringer ist hingegen die Gefahr von Überflutungen/Vermurungen infolge der schnelleren Verlagerungstendenz (Höhenwind). Unorganisierte, stationäre Zellen haben zwar insgesamt im Schnitt ein deutlich verkürzte Lebensdauer (Abwind zerstört Aufwind), können aber länger an einem Ort verharren, die Vermurungsgefahr steigt entsprechend.
CineX hat geschrieben:
Montag 26. August 2019, 13:23
Was mich interessieren würde: Beeinflussen sich diese einzelnen Gewitterzellen eines Multizellgewitters eigentlich gegenseitig? Also können sich die Zellen gegenseitig abschwächen? Multizellgewitter sind zwar langlebig und können durchaus richtige Regenmengen und auch mittleren Hagel verursachen aber sie sind im allgemeinen ja doch deutlich schwächer als eine Superzelle. Daher kam mein Gedanke ob sich diese Zellen nicht gegenseitig "hemmen" ? Z.B. auch Energie "klauen" ?
Im Grunde ja. Konkret wird bei größeren Gewittersystemen die potentiell verfügbare Energie für Konvektion (CAPE), welche neben der Feuchte und Labilität auch proportional zur Lufttemperatur ist, aufgeteilt. Nachdem der CAPE-Wert ein Maß für die Stärke des Aufwindes ist, kann man davon ausgehen, dass dieser dann geschwächt wird. Das äußert sich vor allem durch die abnehmende Gefahr von (großem) Hagel. Andererseits können gerade größere Cluster durch ständige Neubildungen enorme Regenmengen verursachen.

Besonders großer Hagel ist hingegen bei freistehenden Superzellen möglich, welche die vorhandene Energie dann für sich "alleine" nutzen. Und innerhalb der Superzellen ist vor allem der LP (Low precipitation)-Typ für trockenen Großhagel prädestiniert, der aufwinddominant ist und nur einen kleinen Abwindbereich besitzt, der aber dann sehr intensiv sein kann. Bei Superzellen mit größerem Niederschlagsgebiet (klassisch, HP-Typ) ist der Hagel tendenziell kleiner, während die Gefahr von (zumindest kurzzeitig) extremen Starkregen und Downbursts zunimmt.
Freundliche Grüße, Daniel

Wohnort: Trofaiach (Bezirk Leoben)/ Obersteiermark, Seehöhe: 695m.
Wetterstation: Davis Vantage Vue (seit 27.12.2014)

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