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Beitrag über Gewitter im "Salzburger Fenster", 5.6.18

Verfasst: Donnerstag 7. Juni 2018, 19:06
von Exilfranke
In der Lokalzeitung „Salzburger Fenster“, Ausgabe vom 5. Juni 2018, wird auf Seite 6 und 7 der frühe Gewitterauftakt in Salzburg beschrieben.
„Ganz typisch sind die starken Gewitter, die von Bayern hereinziehen, wo feuchte Luftmassen kommen und auf das Gebirge stoßen.“ Diese Gewitterfronten wandern mit der vorherrschenden West-, Nordwestströmung nach Osten, es bauen sich mächtige, bis zu zwölf Kilometer hohe Wolkentürme auf, im Inneren ist es turbulent und eiskalt, Wasser gefriert zu Hagelkörnern. Die „schwarze Wand“ aus Bayern kündigt sich stets mit einer starken Druckwelle an. […]

„Die Sturmböen kommen eine Viertelstunde vorher, oft mit 60, 70 Stundenkilometern. [….] Im Gebirge brauen sich eher lokale Wärmegewitter zusammen. […]
So klassisch dieser Ablauf sonst sein mag, für den Mai ist diese Beschreibung alles andere als zutreffend gewesen. Es gab kein einziges Mal eine Gewitterfront aus Bayern, keine Druckwelle, und die Wärmegewitter scheren sich offenbar nicht um Innergebirgs- und Außergebirgsregionen. Wenn sich dagegen, wie im vergangenen Jahr am 18. August, eine Gewitterfront aufbaut, reicht ein Wert von 70km/h Spitzenböen nicht aus. Damals waren es lokal 150 bis 180 km/h. Üblich sind sonst 90 bis 110km/h. Ich halte die 60-70km/h daher für eine hübsche Untertreibung von bajuwarischen Druckwellen.

Strenggenommen stoßen die Gewitter auch nicht aufs Gebirge, sondern entstehen im bayrischen Alpenvorland, wo bodennah ein feuchter Ostwind weht, und darüber ein trockener Südwind, oft föhnig verstärkt. Typischerweise bilden sich dann ein, zwei heftige Gewitter am Alpennordrand, wo der Föhnwind absteigt und auf den Ostwind trifft. Die Gewitter lösen sich in weiterer Folge vom Alpenrand ab und ziehen rasch ostwärts weiter. Entweder bestand die Gewitterlinie schon vorher oder sie entsteht, weil Gewitter mit fortschreitender Lebensdauer eine immer stärkere bodennahe Auskühlung erzeugen. Dieser Kaltluftpool begünstigt linienhaft angeordnete Gewitter. Und schnellziehende Linien bringen immer Sturmböen.

Nur: Seit Ende April bis einschließlich zum Zeitpunkt dieses Blogeintrags überwiegt das, was der Meteorologe umgangssprachlich Barosumpf nennt: Geringe Luftdruckgegensätze am Boden bei gleichzeitig schwacher Höhenströmung. Weder ausgeprägte Tiefdruckgebiete oder Fronten noch ein deutliches Abtrocknen unter Hochdruckeinfluss. Die Gewitter entstehen dann wie die Luftblasen in einem Kochtopf, scheinbar völlig erratisch mal hier, mal dort. Oft ist am Vortag nicht absehbar, wo es die meisten Gewitter gibt, manchmal bleibt es gänzlich trocken, obwohl die Bedingungen günstig wären. Bei den oben erwähnten Gewitterfronten wäre das anders – diese sind inzwischen sehr gut vorhersagbar, manchmal sogar auf die Stunde genau. Stattdessen mühen wir Meteorologen uns derzeit täglich damit ab, die kommenden 24 Stunden einigermaßen zuverlässig vorherzusagen. Die sehr langsam ziehenden oder über Stunden sogar ortsfesten Gewitter haben zur Folge, dass punktuell enorme Regenmengen fallen, der ganze Monatsoll oder noch mehr. In den vergangenen Wochen waren etliche Orte in Deutschland und Österreich betroffen, mit Mengen über 100 Litern pro Quadratmeter in wenigen Stunden. Weil die Luftmasse feucht in allen Höhen ist, leitet der Strom besonders gut, die Zahl der Blitzeinschläge nimmt zu.

Die ganz typischen Gewitter aus Bayern können wir frühestens ab Mitte/Ende Juni erwarten, sollte die Höhenströmung auf West bis Südwest drehen und dabei an Stärke zulegen.

Den Begriff Wärmegewitter mag ich persönlich nicht so. Er suggeriert, Wärme sei der einzige Auslöser. Tatsächlich herrscht bei nahezu jeder Wetterlage ein gewisses Ausmaß an Tiefdrucktätigkeit in der Höhe vor, die sich nicht immer deutlich in Höhenwetterkarten abbildet. Sie ist aber vorhanden und liefert bei feucht-labiler Luft die dritte Zutat „Hebung“.

Gruß,Felix

Re: Beitrag über Gewitter im "Salzburger Fenster", 5.6.18

Verfasst: Samstag 9. Juni 2018, 10:25
von chris-kapfenberg
Sehr interessant!

D.h. wohl, die NS-Vorhersage (ORF, ZAMG), die ich immer vor einer Bergtour ansehe, ist dzt. nicht sehr zuverlässig?? (Bin südlich des Hochschwabs zu Hause!)