Saharasand

z.B. Halo, Temperaturprofil bei Strahlungsnacht, Alpines Pumpen, ...
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Wetterhexe

Samstag 22. Februar 2014, 10:43

Hallo,

ich knüpfe mit meiner Frage (bzw. meinen Fragen) an eine Bemerkung von Nadja aus dem tagesaktuellen Thread an:
nadjap hat geschrieben:@Silvia: rostroter Ton vom Saharasand vermutlich
Über das Phänomen der Verfrachtung von Saharasand bis in unseren Raum weiß ich eigentlich nur das, was man
gelegentlich kurzen Zeitungsberichten entnehmen kann:
Kommt, wie der Name schon sagt, aus der Sahara...
Wird zu uns verfrachtet und färbt alles rot oder gelb ein...
Ist lästig, aber ungefährlich... ;)

Ich dachte bisher, die Reise von Saharasand zu uns wäre ein Sommerphänomen. Bin einigermaßen überrascht, dass
es auch im Winter auftritt. Welche Wetterbedingungen und Windverhältnisse müssen in Afrika bzw. bei uns herrschen,
damit das Phänomen auftreten kann?

Reist der Sand wahlweise mit dem Wind, mit dem Regen und sogar mit Schnee?

Bislang war mir auch nicht bekannt, dass viel roter Saharasand in der Luft auch mit eine Ursache für besonders
farbenprächtige Sonnenauf- und -untergänge bei uns sein kann (oder eben mal sogar den Himmel so gegen 5 Uhr morgens
roströtlich färbt, wie heute offenbar geschehen).

Seit wann werden wir aktuell bereits mit Saharastaub beglückt? ;) Die ersten Meldungen kamen ja bereits vor geraumer
Zeit herein. Wusste bislang nicht, dass das Phänomen über viele Tage durchgehend anhalten kann.

Vielleicht möchte jemand, der sich auskennt, über das Thema ein wenig "klugscheißen"? ;)
Ich würde mich freuen!
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ThomasPf
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Wohnort: Hart bei Graz/ Ragnitztal

Samstag 22. Februar 2014, 12:30

Deutscher Wetterdienst- Wetterlexikon - Saharastaub:
Saharastaub
Staub und Sand aus der Sahara können gelegentlich bei entsprechender Wetterlage (langwelliger Höhentrog über Westeuropa bedingt großräumige, von Süd nach Nord gerichtete Höhenströmung) bis nach Deutschland vordringen und dort nachgewiesen werden. Solche Mineralstaubpartikel gehören sowohl hinsichtlich der Masse als auch der optischen Dicke zu den wichtigsten Fraktionen des atmosphärischen Aerosols.
Über 50% der globalen Produktion troposphärischen Aerosols sind Mineralstaubpartikel, hauptsächlich aus Wüstenregionen wie der Sahara, der Gobi oder anderen ariden Gebieten der Subtropen. Der Eintrag von Staub in die Atmosphäre ist abhängig von der Korngrößenverteilung am Boden, der Rauhigkeit des Geländes und der Bodenfeuchte, so dass erst oberhalb einer kritischen Windgeschwindigkeit Mineralstaub vom Boden aufgewirbelt wird. Mit hohen Windgeschwindigkeiten einhergehende bodennahe Turbulenzen transportieren die Partikel vom Erdboden schnell in große Höhen und danach oft auch über weite Strecken. Die chemische Zusammensetzung hängt von der Quellregion ab, Hauptbestandteile sind u.a. Quarz (Sand), Tone, Geothit und Gips. Durch Absorption und Streuung von Sonnenlicht hat Mineralstaub einen direkten klimatischen Effekt. Er kann jedoch auch indirekt durch Veränderung der Wolkenbildung und der Niederschlagsentwicklung auf das Klima und das Wetter einwirken.
Mit ca. 1.8 Mrd t pro Jahr ist Winderosion von Mineralstaub die stärkste Aerosolquelle der nördlichen Hemisphäre, fast zwei Drittel davon ist Sand aus der Sahara. Aufgrund ihrer Größe (etwa 0.1 – 10 µm) und ihrer mineralischen Zusammensetzung sind die Partikel aber nicht unmittelbar Gesundheit gefährdend. Saharastaub düngt den südamerikanischen Urwald sowie die Ozeane und überformt die Kanarischen Inseln.
Siehe hierzu: Global Atmosphere Watch - Aerosole/Saharastaub
Das Bild des Wettersatelliten METEOSAT vom 19.02.2014 06 UTC zeigt aus 36.000 km Höhe Staub aus der Sahara, der bis nach Süddeutschland vorgedrungen ist. Zwar verdecken Wolken den freien Blick auf den Staub, eine Falschfarbendarstellung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) ermöglicht jedoch eine Unterscheidung: In hell leuchtendem Rot ist Saharastaub zwischen Italien, Korsika, Sardinien und Nordafrika zu erkennen. Hohe Wolken erscheinen dagegen dunkelrot bis schwarz, tiefe Wolken grün-gelblichlich.
http://www.dwd.de/lexikon Stichwort Saharastaub
Liebe Grüße,
Thomas.


Hart bei Graz, Ragnitztal 47°4'25''N, 15°31'1''E, 418m ü.NN, bzw.
Graz Innere Stadt 47°04'12''N, 15°26'26''E, 353m ü.NN


Meine Fotoalben
Wetterhexe

Samstag 22. Februar 2014, 17:16

Hochinteressant! Weder war mir bewusst, dass eine so große Menge an Saharastaub unsere Region erreicht, noch, dass wir den milchigen Himmel an wolkenlosen Tagen diesem Phänomen zu verdanken haben.

Danke für die spannenden Infos, Thomas und Franz! *top* :)
bergfroosch

Samstag 29. März 2014, 20:50

Wir haben heute ein Schneeprofil gegraben und in ca 140 cm Tiefe war dann
diese gelbe Schicht aus Schnee und Saharasand zu sehen.

Bild

Bild

Nähe Sonnblickobservatorium (in ca. 3000m)
Wetterhexe

Samstag 29. März 2014, 21:24

bergfroosch hat geschrieben:Wir haben heute ein Schneeprofil gegraben und in ca 140 cm Tiefe war dann
diese gelbe Schicht aus Schnee und Saharasand zu sehen.

Bild

Bild

Nähe Sonnblickobservatorium (in ca. 3000m)
Beeindruckend!
Danke für die anschaulichen Fotos, Hermann! (Inklusive nettem Hundebild :) )
Hannes
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Registriert: Sonntag 19. April 2009, 21:30
Wohnort: Kötschach-Mauthen 705m ü. Adria Bezirk Hermagor,Oberes Gailtal

Samstag 29. März 2014, 22:32

Wie weit der Saund do auffa befördert wird is genial
lg Hannes
------------------------------------------------------
Wetterstation: Vantage Pro 2 Aktiv, Hellmann 200cm² Webcam Mobotix
Standort [ x ] Kötschach-Mauthen 705m.ü.Adria / Bezirk Hermagor/Oberes Gailtal
Standort [ ] Graz Eggenberg
Standort [ ] Miesenbach bei Birkfeld
Wetterhexe

Dienstag 1. April 2014, 08:01

Aktuell dürften wir ja wieder von nicht unbeträchtlichen Mengen Saharastaub beglückt werden.
MarcoKTN schrieb, ich zitiere:

"ja, zum Donnerstag hin wird sich die Staubmenge nochmals enorm erhöhen!
Laut Modell SKIRON auf die 5-fache Menge des aktuellen Werts über Mitteleuropa.
Ob´s dazu dann wirklich kommt, hängt von der Heftigkeit der Winde und Niederschläge über der nördliche Sahara ab...

http://forecast.uoa.gr/dustindx.php" onclick="window.open(this.href);return false;


laut dem Modell soll die Staubkonzentration in Bodennähe donnerstags in den Alpen an die 200 ugr/m^3 erreichen, heute waren es 25 ugr

des hört sich recht spannend an, mal sehn was dabei herauskommt"


Ja, finde ich auch sehr spannend, ob und was wir da in den nächsten Tagen zu sehen bekommen! *freu*
Eigentlich wollte ich gestern der Russischen Kathedrale in Wien und der Karlskirche einen Besuch abstatten, um die beiden interessanten
Bauten im Abendlicht auf Foto zu bannen. Weil sich der Himmel (wie's scheint, mit verursacht durch den Saharastaub) so stark
"milchig" bedeckt hat, hab ich es aber verschoben. Mir schwebte für die Aufnahmen eigentlich tiefblauer, klarer Himmel vor, als
Kontrast vor allem zu den goldenen Kuppeln des russischen Kirchenbaus...

Die köstlichen, satten Farben des Sonnenuntergangs, den uns Renate gestern im Allgemeinen Bilderforum eingestellt hat, sind
wohl auch mit durch die intensive Bewölkung durch Saharastaub bedingt:

http://www.skywarn.at/forum/viewtopic.php?f=94&t=18637" onclick="window.open(this.href);return false;

*top*

Sollte irgend jemand in diesem Zusammenhang in den nächsten Tagen was sichten, sei es, dass er sein Auto morgens aus einem
roten Sandhaufen ausbuddeln muss *ggg* , sei es, dass er besonders farbenprächtige Sonnenuntergänge sichtet, bei Bergtouren
plötzlich auf rötlichen statt auf weißen Schnee trifft oder den sandigen "Gruß aus Afrika" sogar direkt auf dem Boden oder Gegenständen
vorfindet, würde ich mich freuen, wenn hier in Wort und Bild darüber berichtet werden könnte.

Ist das Aufkommen von Saharastaub in unseren Breiten in den letzten Jahren kontinuierlich mehr geworden, oder habe ich nur subjektiv
diesen Eindruck?
Werden über das Phänomen irgendwo Statistiken geführt?
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Bachfan
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Dienstag 1. April 2014, 19:37

Wetterhexe hat geschrieben: Über das Phänomen der Verfrachtung von Saharasand bis in unseren Raum weiß ich eigentlich nur das, was man
gelegentlich kurzen Zeitungsberichten entnehmen kann:
Kommt, wie der Name schon sagt, aus der Sahara...
Wird zu uns verfrachtet und färbt alles rot oder gelb ein...
Ist lästig, aber ungefährlich... ;)
:) Wenn man es genau nimmt, darf man das, was bei uns ankommt, eigentlich nicht als Saharasand bezeichnen. Sandkörner haben einen Durchmesser von 0,06 bis 2 mm. Solche Dinger können nicht über so lange Strecken in der Luft transportiert werden. Nur Schluff- und Tonpartikel kommen so weit. Auf dem Sonnblick wurde heute Vormittag zum Beispiel bei den Partikeln > 0,3 µm (0,0003 mm) eine Konzentration von 3-5 Partikeln pro cm³ gemessen, bei den Partikeln mit > 5 µm (0,005 mm) betrug die Staubkonzentration schon nur noch ein 50stel dieser Menge. Hoffe, ich hab mich jetzt nicht verrechnet *grins*

Quelle Sonnblick-Daten:
http://www.sonnblick.net/portal/content ... 7/lang,de/
Wetterhexe

Dienstag 1. April 2014, 22:22

Was genau sind denn Schluffpartikel, Gabriel?
Ich war heute am späten Nachmittag zum Fotografieren in der Stadt unterwegs und hatte den Eindruck, die Atmosphäre
sei geradezu staubgesättigt... So viele Partikel, dass Wolken entstanden und die Sonne matter schien als sonst.
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Bachfan
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Mittwoch 2. April 2014, 02:30

Wetterhexe hat geschrieben:Was genau sind denn Schluffpartikel, Gabriel?
Hab gerade eine ausführliche Erklärung geschrieben, und jetzt ist alles weg *ärger*

Naja, dann halt kurz:
Ton ist am feinsten, dann kommt Schluff, Sand, Kies usw. Schluff ist am bekanntesten in Form von Löss -> gibts zum Beispiel im Weinviertel in rauen Mengen (aus ehemals wenig-/unbewachsenen Gebieten ausgeweht, und dann hier abgelagert).

Sand kann im Gegensatz dazu nur kurzfristig bei Sandstürmen in der Luft transportiert werden. Meist bewegen sich die Sandkörnchen überhaupt nur rollend und/oder hüpfend am Boden dahin und bleiben sofort liegen sobald der Sturm nachlässt (aber auch Sand ist nicht gleich Sand; feiner verhält sich natürlich anders als grober).

Auch in fließendem Wasser hängt es von der Größe ab wie die Dinger befördert werden. Die gröberen Körnchen am Grund und die feineren Bestandteile auch weiter oben (bewirken die Trübung bei Hochwasser)

Das ist jetzt nicht mehr so ausführlich und schön formuliert, aber ich hoffe trotzdem verständlich. Bin schon etwas müde ;)

Gute Nacht :)
Liebe Grüße :)

1130-Wien auf 210 m Seehöhe
https://www.gabrielstrommer.com/
Wetterhexe

Mittwoch 2. April 2014, 08:30

Bachfan hat geschrieben:
Wetterhexe hat geschrieben:Was genau sind denn Schluffpartikel, Gabriel?
Hab gerade eine ausführliche Erklärung geschrieben, und jetzt ist alles weg *ärger*
Oje! Das ist mir auch schon passiert.
Ein Grund kann sein: Wenn man sehr lange an einem Beitrag bastelt (wie ich zuweilen an einem Bilderthread), speichert seinen
Beitrag nicht ab und klickt auf "Absenden", ist schlagartig alles weg, weil man aufgefordert wird, sich erneut einzuloggen.
Vorsichtshalber lange Beiträge immer vor dem Absenden speichern! ;)
Bachfan hat geschrieben: Naja, dann halt kurz:
Ton ist am feinsten, dann kommt Schluff, Sand, Kies usw. Schluff ist am bekanntesten in Form von Löss -> gibts zum Beispiel im Weinviertel in rauen Mengen (aus ehemals wenig-/unbewachsenen Gebieten ausgeweht, und dann hier abgelagert).

Sand kann im Gegensatz dazu nur kurzfristig bei Sandstürmen in der Luft transportiert werden. Meist bewegen sich die Sandkörnchen überhaupt nur rollend und/oder hüpfend am Boden dahin und bleiben sofort liegen sobald der Sturm nachlässt (aber auch Sand ist nicht gleich Sand; feiner verhält sich natürlich anders als grober).

Auch in fließendem Wasser hängt es von der Größe ab wie die Dinger befördert werden. Die gröberen Körnchen am Grund und die feineren Bestandteile auch weiter oben (bewirken die Trübung bei Hochwasser)

Das ist jetzt nicht mehr so ausführlich und schön formuliert, aber ich hoffe trotzdem verständlich. Bin schon etwas müde ;)

Gute Nacht :)
Danke Dir sehr herzlich für die trotz Müdigkeit sehr anschauliche und verständliche Erklärung! :)

Von mir aus kann er sich jetzt langsam wieder verzupfen, der "Saharaschlatz", der uns das Sonnenlicht raubt. ;)
Wetterhexe

Freitag 4. April 2014, 07:32

Der ORF berichtet heute im Rahmen eines umfassenderen Beitrags u.a. auch über die Auswirkungen der Saharasand-Verfrachtung
in Europa:

http://orf.at/stories/2224703/2224764/" onclick="window.open(this.href);return false;

In Spanien gab es sogar Schlammregen, ich zitiere aus dem Beitrag:

"Von dem Schlammregen betroffen waren vor allem die Region Katalonien auf dem spanischen Festland, aber auch die Baleareninsel Mallorca im Mittelmeer. Nach Schätzungen der Wetterbehörde gingen allein auf Katalonien mit dem Regen rund 50.000 Tonnen Wüstensand nieder. In der Gegend von Barcelona habe die Konzentration etwa zwei bis vier Gramm Sand pro Quadratmeter betragen, berichtete das Onlinenachrichtenportal Lavanguardia.com.

(...)

In der katalanischen Metropole waren Straßen, Gehsteige, Autos und Müllcontainer mit einer gelblich-bräunlichen Schicht bedeckt."
Exilfranke1

Freitag 4. April 2014, 23:01

Zum Schlammregen gibt es auch einen Wetterkobuk ;)

http://meteoerror.wordpress.com/2014/04 ... -oxymoron/" onclick="window.open(this.href);return false;

und den Bildzeitungsunsinn hab ich auch gleich abgedeckt.
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Bachfan
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Samstag 5. April 2014, 01:47

Exilfranke hat geschrieben:Zum Schlammregen gibt es auch einen Wetterkobuk ;)

http://meteoerror.wordpress.com/2014/04 ... -oxymoron/" onclick="window.open(this.href);return false;

und den Bildzeitungsunsinn hab ich auch gleich abgedeckt.
Danke! Gut und verständlich geschrieben *super* War für mich unterhaltsam und lehrreich zugleich.
Liebe Grüße :)

1130-Wien auf 210 m Seehöhe
https://www.gabrielstrommer.com/
Wetterhexe

Samstag 5. April 2014, 08:44

Exilfranke hat geschrieben:Zum Schlammregen gibt es auch einen Wetterkobuk ;)

http://meteoerror.wordpress.com/2014/04 ... -oxymoron/" onclick="window.open(this.href);return false;

und den Bildzeitungsunsinn hab ich auch gleich abgedeckt.
War das erste, das ich heut' in der Früh g'lesen hab und hat mir sehr 'taugt. *top*
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