Hirschenstein - hochinteressante TAWES aufgelassen!

Diskussionen rund um Kurz- & Mittelfristprognosen und Wetterentwicklungen
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gavris
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Samstag 18. Oktober 2014, 21:09

Hallo Leute!

Heute war ich mal im Mittelburgenland unterwegs. Bei der Gelegenheit nützte ich das tolle Wetter aus und unternahm eine kleine Wanderung auf den zweithöchsten Gipfel des Burgenlandes, den Großen Hirschenstein, eingebettet in die Hügelkette des Geschriebenstein. Ich wollte wissen was an diesem Gelände so speziell sein kann, dass dieses Fleckchen Erde Orkanstürme zustande bringt wie man sie selbst im Hochgebirge Mitteleuropas, geschweige denn Österreich kaum kennt. Richtige Anströmung vorausgesetzt. Nämlich punktgenau Nord meiner Erfahrung nach. Die Station Hirschenstein ist eigentlich sagenumwoben! Ich weiß noch genau, dass sie 2007 in Betrieb ging. Ausgerechnet als diese TAWES online ging hatten wir eine Nordlage, wobei die brandneue Messstele monströse Werte meldete --> soweit ich mich erinnern kann wurden Böen um 145km/h gemessen, während ALLE! anderen TAWES-Stationen (Berge inklusive) kaum über 80,90 kamen und das Flachland sogar auf lediglich 60-70km/h!
Dies hatte etwas zur Folge was man eigentlich als legendär bezeichnen könnte: Ich weiß noch genau, dass damals genau an diesem Tag Christian Huhndorf der Wetter-Moderator von Ö3 war und aufgrund dieser unfassbaren Meldungen schnell reagierte und eine Ö3-Wetterwarnung für den Osten Österreichs (speziell Bucklige Welt, Geschriebenstein samt Mittel- und Südburgenland sowie Joglland, Wechsel und Fischbacher Alpen) herausgegeben hat! Weder die Wetterkarten, noch sonst irgendetwas hätte an diesem Tag auch nur annähernd eine Wetterwarnung gerechtfertigt, aber da war eben diese neue Station mit diesen irgendwie unheimlichen Meldungen welche noch dazu auf einen Punkt beschränkt waren - eben auf den Hirschenstein!
Recht bald hat sich aber herausgestellt, dass diese TAWES aber eben ganz einfach speziell war und einfach mit keinen anderen Teilen Österreichs vergleichbar. Dann gingen auch bald die Diskussionen los von wegen dass diese Daten unmöglich stimmen können und einfach durch Verwirbelungen zu erklären sind aufgrund des im Wege stehenden Sendemastes vom ORF!
So einfach ist das aber auch nicht --- warum sind die Windwerte denn immer normal außer bei Nordanströmung und zwar NUR NORDANSTRÖMUNG??? Außerdem ist der Sendemast eher westlich statt nördlich der Station gelegen!

Und jetzt: Die Station ist nach nur 7Jahren verschwunden!!!! Wo ist sie hin??? Diebstahl??? ;)
Meiner Meinung nach ist das ein großer Verlust - eine Station die einzigartige Werte geliefert hat. Außerdem war sie die einzige Wetterstation auf einem burgenländischen Gipfel. Dem letzen Gipfel, bevor die Landschaft in eine flache Prärie abfällt! Meiner Meinung nach auch der Grund für das Wind-Spezifikum. Denn einige Meteorologen, etwa Manfred Spatzierer, haben ja sehr oft dargelegt woher diese Eigenart kommen könnte und dass dies anscheinend eine Art Wasserfall-Effekt ist, der beim Umströmen der Luft über die Alpen entsteht!

Warum wurde die Staton aufgelassen?
Weiß jemand mehr darüber? Würde mich über Antworten freuen

Lg vom lange abwesenden Stefan
Lg, Stefan aus Ternitz
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Robert83
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Sonntag 19. Oktober 2014, 00:52

Danke für deine Beobachtung Stefan!
Ich finde es wirklich sehr schade, dass es diese Station nicht mehr gibt - vielleicht kommt sie auch wieder.
Falls sie aber aufgelassen wurde, geht ein wahrhaft einzigartiger Messplatz verloren, der charakteristisch das Umströmen des Alpenostrands beschreibt. Sehr schade wär das.
In der kommenden Woche wäre die Station mit ihren wahnwitzigen Böen inkl. Mittelwinden interessant geworden. Vielleicht kann uns der Chris nach seinem Urlaub näheres dazu sagen.
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nuntius
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Montag 20. Oktober 2014, 08:12

Wirklich interessant.. War nicht lange her da hab ich doch noch die aktuellen Messwerte auf der Website angesehen, nun scheint sie dort nicht mehr auf. Auch auf der mit 01.10.2014 aktualisierten Messnetz-Karte ist sie nicht mehr angeführt.
http://www.zamg.ac.at/cms/de/images/kli ... e/messnetz
Unlängst hab ich im ORF Radio Burgenland etwas von einer Station in Deutschkreutz gehört, dachte aber mich geirrt zu haben, da ja dort keine steht. Würd mich auch wundern da im nicht allzuweit entfernten Lutzmannsburg eine ist.
Edit: Sollte ich mich jetzt nicht zu sehr täuschen, hab ich am 16.09.2014 noch die aktuellen Messwerte angesehen
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nuntius
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Dienstag 21. Oktober 2014, 07:50

Wenn ich mir die Prognosen und Warnungen bzgl. des Sturms für die kommenden Tage so ansehen http://warnungen.zamg.at/html/de/heute/alle/at/ wären die Messwerte der Station am Hirschenstein interessant gewesen, was für Spitzen sich dort ausgehen werden. Die Station in Rechnitz zeichnet allerdings auch immer wieder recht hohe Windspitzen auf.
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gavris
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Dienstag 21. Oktober 2014, 20:50

Ja, Rechnitz leigt stromabwärts des Hirschenstein. Deswegen steigt der Sturm dort oft föhnbedingt mit gewaltiger Stärke Richtung südburgenländische Prärie ab!
Ewig schade um diesen Messpunkt, denn diese Tage wären sicher wieder ein Leckerbissen geworden. Zwar nicht wenn man selbst im Wald am Hirschenstein steht, aber die Beobachtung der Messwerte am PC im warmen Wohnzimmer *grins*
Die Errichtung einer TAWES kostet doch einiges und da würde es mich schon sehr wundern wenn hier einfach 20.000 Euro (schätzungsweise) sozusagen im wahrsten Sinne des Wortes "vom Wind verblasen" werden. ;) Meine Meinung: Die TAWES hat den ORF-Sendemasten massiv gestört und eine Fortführung des Betriebes war deswegen einfach nicht mehr möglich. Aber ich bin positiv gestimmt; aufgrund des einzigartigen Platzes kann es sein, dass in unmittelbarer Nähe die Station wieder aufgebaut wird - vielleicht am Kleinen Hirschenstein *grins*
So einen Fall gab es nämlich schon: Die TAWES Kohlreithberg/Neulengbach musste aufgelassen werden, weil sie irgendwelche Funkgeräte des Militäres massiv gestört hat, sofern ich das jetzt richtig im Kopf habe. Die Folge daraus: Praktisch am nächstgelegenen Hügel wurde die Kohlreith-Station wieder neu errichtet, nämlich auf der Aussichtswarte Buchberg! Man darf gespannt sein.........und hoffentlich meldet sich da noch ein Experte a la Chris der im Gegensatz zu unseren Spekulationen harte Fakten auf den Tisch legen kann *top*

Lg, Stefan
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omiruth
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Dienstag 21. Oktober 2014, 22:19

Ja, vor ein paar Wochen gab es die Station noch, habe auch bei jedem Sturmereignis und Gewitter dort nachgesehen.

Habe die ZAMG angeschrieben. Die Antwort des Hrn. Mag. Roland Potzmann war:
Da zum einen die Datenqualität (vor allem der Wind, der wegen Verwirbelungen am Sendemast oft irreale Werte geliefert hat) nicht zufriedenstellend war, und der Betrieb der Station (Miete, Straßenbenützung, Wartung, ...) an diesem exponierten Ort sehr teuer war, haben wir die Station abgebaut.
Wegen mangelnder personeller und finanzieller Ressourcen ist im Moment auch kein Ersatzstandort geplant.
LG aus Ebreichsdorf / Bez.Baden / NÖ / 201 m
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nuntius
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Mittwoch 22. Oktober 2014, 19:37

omiruth hat geschrieben:Ja, vor ein paar Wochen gab es die Station noch, habe auch bei jedem Sturmereignis und Gewitter dort nachgesehen.

Habe die ZAMG angeschrieben. Die Antwort des Hrn. Mag. Roland Potzmann war:
Da zum einen die Datenqualität (vor allem der Wind, der wegen Verwirbelungen am Sendemast oft irreale Werte geliefert hat) nicht zufriedenstellend war, und der Betrieb der Station (Miete, Straßenbenützung, Wartung, ...) an diesem exponierten Ort sehr teuer war, haben wir die Station abgebaut.
Wegen mangelnder personeller und finanzieller Ressourcen ist im Moment auch kein Ersatzstandort geplant.
Danke für die Einholung dieser Info. War also doch der Sendemasten an den gemessenen Windgeschwindigkeiten beteiligt.
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Robert83
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Mittwoch 22. Oktober 2014, 20:01

Ich denke, dass die Auflassung andere Gründe hatte und nicht "nur" Verwirbelungen usw...
gavris
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Sonntag 26. Oktober 2014, 21:57

Also ich bin jetzt zwar nicht der Experte wie die Klimatologen der ZAMG, aber ich würde mir wegen der Verwirbelungen kaum Sorgen machen wenn man sich die sonstigen Bedingungen ansieht. Der Messplatz liegt pratkisch mitten im Wald, die winzige Lichtung beim Sendemasten ist zu vernachlässigen. Mit den Vorgaben der WMO ist das jedenfalls nicht vereinbar. Es handelt sich um einen Gipfel ohne jeglichen Ausblick, da das Gebiet eben dicht bewaldet ist und sattes Grün (wie man es bei einer Mess-Stelle gern hätte) ist gar nicht vorhanden! Und der Wald selbst hat ja auch massive Auswirkungen auf Temperatur, Taupunkt etc! Vor allem: Wie konnte man dort bitte den Niederschlag messen??? Der Regenmesser sollte doch wenigstens ein klein bisschen freien Horizont haben, doch dieser ist am Hirschenstein wirklich fast nicht vorhanden!

Trotzdem schade um den Messort, zumal es ja auch andere Stationen gibt bei denen man Kompromisse eingehen musste; TAWES Hohe Wand etwa liegt auch im Wald, aber doch an einer deutlich markanteren Lichtung mit sattem Grün! ;)
Lg, Stefan aus Ternitz
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