23.03.2023 Adiapatischer Gradient

Wie entsteht z.B. eine Rollcloud, Tornado, ...? Was ist die F-Skala etc ...?
Antworten
stefdonau
Beiträge: 25
Registriert: Samstag 24. September 2022, 20:41

Donnerstag 23. Februar 2023, 03:22

Hallo liebe Wetterfreunde, *wink*

kann mir bitte jemand erklären, wie wichtig der Adiabatische Gradient für eine Unwettervoraussage ist ? Weshalb werden zb. Cumulonimbus Wolken so weit in die Höhe gerissen aufgrund einer labilen Luftschichtung ?

Viele liebe Grüße

Stefan
nadal
Beiträge: 688
Registriert: Dienstag 20. Juli 2010, 20:22
Wohnort: Trofaiach (Bezirk Leoben)/ Steiermark

Freitag 24. Februar 2023, 19:02

Hallo Stefan!

Wenn ich bisschen ausholen darf.... ;)

Wenn ein Luftpaket zum Aufsteigen gebracht wird, geht das nur dann "von selbst", wenn es eine geringere Dichte als die umgebende Luft hat. Das ist dann der Fall, wenn es wärmer als die Umgebungsluft ist (warme Luft ist leichter bzw. hat eine geringere Dichte als kalte). Solange der in der Luft enthaltene Wasserdampf (gasförmige Phase des Wassers) noch nicht zu Wolkentröpfchen kondensiert, kühlt ein aufsteigendes Luftpaket immer um ziemlich genau 1°C pro 100 m Höhe ab. Man nennt das Ganze den trockenadiabatischen Temperaturgradienten. Damit es weiter aufsteigen kann (also wärmer als die Umgebungsluft bleibt), muss die umgebende Luft also stärker als der trockenadiabatische Gradient abkühlen. Man spricht dann von trockenlabiler Schichtung, andernfalls von trockenstabiler Schichtung (in diesem Fall würde das Luftpaket absinken). Entspricht der Gradient der Umgebungsluft genau dem trockenadiabatischen Gradienten, "schwebt" das Luftpaket, steigt also weder auf noch ab, was man als trockenindifferente Schichtung bezeichnet. Der Grund der Abkühlung des aufsteigenden Luftpaketes mit der Höhe ist übrigens nicht der Austausch mit der Umgebungsluft, dieser ist quasi nicht vorhanden, da dieser Vorgang einfach derart schnell vonstattengeht (--> Adiabatisch = ohne Wärmeaustausch). Der Grund dafür ist vielmehr der abnehmende Luftdruck mit der Höhe. Dadurch wird das Luftpaket weniger stark zusammengedrückt, kann sich ausdehnen und kühlt deswegen ab.

Sobald der Wasserdampf zu Wolkentröpfchen kondensiert, ist das Prinzip grundsätzlich das Gleiche, jedoch ist die Abkühlung des aufsteigenden Luftpakets eine andere. Weil beim Vorgang der Kondensation Wärme frei wird (genau die Wärme, die bei der Verdunstung wieder entzogen wird), kühlt das Luftpaket in diesem Fall nur mehr zwischen 0,4 und 0,8°C pro 100 m Höhe ab, was dann als feuchtadiabatischer Temperaturgradient bezeichnet wird. Je nach Temperaturabnahme der Umgebungsluft, ist die Luft dann entweder feuchtlabil, feuchtstabil oder feuchtindifferent geschichtet. Je höher die Temperatur, desto mehr Wasserdampf kann die Luft aufnehmen, umso mehr Kondensationswärme wird dann also frei und umso geringer wäre dann der feuchtadiabatische Gradient.
Ein Luftpaket könnte im Prinzip bis zur Tropopause, der Obergrenze der untersten Atmosphärenschicht, der Troposphäre, "von selbst" aufsteigen, ehe wegen der dort liegenden Ozonschicht, welche vor allem die kurzwellige UV-Strahlung absorbiert, ein starke Temperaturzunahme (sowie eine deutlich trockenere Luftschicht) mit der Höhe ein weiteres Aufsteigen verhindert. Die Eiswolken dehnen sich dann in erster Linie seitlich aus und können trägheitsbedingt nur geringfügig über die Grenze zur Stratosphäre "hinausschießen" (overshooting top).

In der Praxis kann ein Luftpaket jedoch nie alleine "von selbst" bis zur Tropopause aufsteigen, da stabile Luftschichtungen quasi immer vorhanden sind, welche man umgangssprachlich als "Deckel" bezeichnet. Dafür ist ein Hebungsmechanismus notwendig, der den Deckel "überwindet", um die Luft zum weiteren Aufsteigen zu zwingen, bis es wieder in eine labile Luftschicht gelangt und dort wieder "von selbst" aufsteigen kann. Ein Hebungsmechanismus kann beispielsweise eine Front / Konvergenz oder ein Gebirge (orographische Hebung) sein. Sonneneinstrahlung alleine reicht dafür üblicherweise nicht.

Für kräftige Gewitter ist grundsätzlich ein gewisser Deckel nötig, da erst dann sich darunter genügend Energie aufbauen kann. Im Idealfall wird dieser durch einen Hebungsmechanismus in den mittleren bis späteren Nachmittagsstunden überwunden, da dann die meiste Energie zur Verfügung steht. Ist der Deckel jedoch zu stark, kann die Luft nicht zum weiteren Aufsteigen gebracht werden und folglich auch kein Gewitter entstehen. Und genau dieser Punkt, ob bzw. wo ein Deckel überwunden werden kann oder nicht, macht die (lokalen) Gewittervorhersagen oft herausfordernd, aber auch spannend. *ja*

Soo, ich weiß das war jetzt etwas länger, aber ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen. ;)
Freundliche Grüße, Daniel

Wohnort: Trofaiach (Bezirk Leoben)/ Obersteiermark, Seehöhe: 695m.
Wetterstation: Davis Vantage Vue (seit 27.12.2014)

FEUERFROSCH 2014 & 2016
stefdonau
Beiträge: 25
Registriert: Samstag 24. September 2022, 20:41

Samstag 25. Februar 2023, 17:11

Hallo,

herzlichen Dank für Deine umfangreiche Zuschrift und Mühe welche Du Dir gemacht hast!
Jetzt kann ich mir viel mehr vorstellen und Du hast mir damit sehr geholfen!

Liebe Grüße

Stefan
Antworten