01.06.2016 - Schäden durch Sturzfluten bei Simbach/Inn

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Bachfan
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Montag 27. Juni 2016, 00:31

Am 1. Juni ereignete sich knapp nördlich von Simbach am Inn in Niederbayern ein extremes Starkregenereignis.

Die offizielle Wetterstation in Simbach am Inn hat eine maximale 2-stündige Niederschlagssumme von rund 60 mm gemessen, ist aber scheinbar zeitweise ausgefallen, weshalb die Gesamtsumme für diese Station nicht bekannt ist. (Quelle der Niederschlagsdaten: http://kachelmannwetter.com/de/messwert ... chlag.html)

Nach den ermittelten Abflussmengen traten die maximalen Niederschlagsintensitäten allerdings nördlich von Simbach auf. In der Gegend um Antersdorf und Kirchberg am Inn sind wahrscheinlich großflächig um die 50 mm Niederschlag innerhalb von einer Stunde gefallen, punktuell möglicherweise auch deutlich mehr.
Eine private Messstation im awekas-Netzwerk hat eine Gesamtsumme von mehr als 200 mm registriert (http://www.awekas.at/de/index.php). Solche Niederschlagssummen sind für derartige Sturzflutereignisse nicht untypisch und könnten tatsächlich auch in diesem Fall aufgetreten sein. Zudem war der Niederschlag zeitlich linksschief verteilt, und es gingen dem eigentlichen Starkregenereignis bereits ergiebige Niederschläge voraus. Die Böden waren also schon zu Beginn des hefigsten Niederschlags sehr nass.

Letztes Wochenende war ich bei Simbach am Inn um die Fließquerschnitte der Sturzfluten einzelner Bäche zu bestimmen.

Vorläufiges Ergebnis aus den ermittelten Querschnitten für ausgewählte Bäche:

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Diese sind nach der ungefähren Auftretenswahrscheinlichkeit des Spitzenabflusses eingefärbt (gelb - großes Hochwasser, orange - sehr großes Hochwasser, rot, violett, schwarz - extremes Hochwasser). Teilweise handelt es sich auch nur um Schätzungen nach der Größe des Einzugsgebiets (die Karte ist also nur für einen ersten groben Überblick über das Gebiet gedacht)


Nachfolgend ein kurzer Bildbericht:


Einzugsgebiet des Antersdorfer Bachs:

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Holzhamer Bach:
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Simbach:

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Tiefe der Sturzflut war von der Sohle weg > 5 m:

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Aber auch in den benachbarten Einzugsgebieten gabs bedeutendes Hochwasser. Nachfolgend ein Foto einer weggerissenen Fahrstraße nahe Taubenbach:

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Im Gebiet gab es auch mehrere Hangrutschungen. Eine der größeren nahe Hitzenau:

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Liebe Grüße :)

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Robert83
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Montag 27. Juni 2016, 13:38

Danke für die Eindrücke aus wissenschaftlicher Sicht!
Die Schäden sind verherrend... :((
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Feli
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Montag 27. Juni 2016, 13:55

*schock* da hat das wasser ordentlich gewütet.
auf dem 1. bild hab ich 2 mal hinschauen müssen bis ich erkannt hab, dass das die asphaltdecke eines weges ist.
liebe grüsse
(die) Feli
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ThomasPf
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Donnerstag 30. Juni 2016, 00:19

Ziemlich heftiges Ereignis mit entsprechenden Schäden durch Überflutungen, Vermurungen und Erosionsschäden bis hin zum Schluchtenreißen! *schock*


Danke für die hervorragende Dokumentation! *top*
Liebe Grüße,
Thomas.


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chris-wels
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Freitag 1. Juli 2016, 20:52

Danke Dir! war auch in Simbach vor 1er Woche, aber nur kurz. Das war schon heftig genug

die bilder it dem großen Rohr sprechen für sich, anscheinend dürfte da baulich auch das Problem gelegen haben, aber vielleicht findest du da noch mehr heraus als Profi
lg chris
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Hannes
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Freitag 1. Juli 2016, 22:07

uiiiiiiiiii *schock*
lg Hannes
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Bachfan
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Sonntag 3. Juli 2016, 22:15

ThomasPf hat geschrieben:Ziemlich heftiges Ereignis mit entsprechenden Schäden durch Überflutungen, Vermurungen und Erosionsschäden bis hin zum Schluchtenreißen! *schock*
Die auf den Fotos erkennbaren Schluchten sind eigentlich nur durch das Überströmen der Straßendämme entstanden, wären also durch die Verwendung von Brücken (statt Rohren mit darüber geschüttetem Damm) vermeidbar gewesen. Andererseits dürften halt solche Rohre mit Damm deutlich billiger sein, als eine Brücke. Da muss man halt immer abwägen, was auf lange Sicht günstiger ist. Solche extremen Wassermengen sind ja doch recht selten (zumindest wenn man die auf den konkreten Punkt bezogene Wahrscheinlichkeit betrachtet, die ja für das jeweilige Bauwerk von Interesse ist).
chris-wels hat geschrieben:Danke Dir! war auch in Simbach vor 1er Woche, aber nur kurz. Das war schon heftig genug
die bilder mit dem großen Rohr sprechen für sich, anscheinend dürfte da baulich auch das Problem gelegen haben, aber vielleicht findest du da noch mehr heraus als Profi
lg chris
Diese Konstruktion mit den Rohren dürfte in der Gegend anscheinend sehr verbreitet sein. Man muss aber sagen, dass - obwohl viele Straßendämme an diesen Stellen schwer beschädigt wurden - nur in Ausnahmefällen Dämme vollständig gebrochen sind (von den auf den obigen Fotos erkennbaren nur der beim Holzhamer Bach und der nahe Taubenbach). In Simbach soll angeblich der Damm der Straße zum Schulzentrum gebrochen sein. Genau da war ich allerdings nicht ;)
Werde, wenn ich mehr Zeit habe, auch noch einmal genauer die am Pegel Simbach aufgezeichnete Wasserstandsentwicklung mit den INCA-Daten und der privaten Station vergleichen.
Vor der eigentlichen Flutwelle ist der Wasserstand am Pegel Simbach nach einem ersten stärkeren Anstieg eine Zeit lang annähernd konstant geblieben. Das könnte ein Indiz für ein vorübergehendes Zurückhalten eines Teils des Wassers durch einen oder mehrere Straßendämme sein, kann aber auch andere Gründe, wie zum Beispiel ein vorübergehendes Nachlassen der Niederschläge in Teilen des Einzugsgebiets, haben.
Liebe Grüße :)

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chris-wels
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Sonntag 3. Juli 2016, 23:26

danke dir, Bachfan

ja, genau dort bei der Schulstrasse dürfte vielleicht das Problem gelegen haben, das darunter liegende Rohr unter der Dammstrasse war anscheinend bald mal verstopft/verklaust und dann lief das ganze ausm Ruder (Stausee dahinter). gleich hinterm Rohr flussabwärts liegt ein Holzlager, dementsprechend hats dann die Baumstämme in die Stadt gerissen.

möglicherweise dort bei der Schulauffahrt, oder woanders. das wird noch untersucht.

auf jeden Fall heftig
lg chris
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Bachfan
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Freitag 8. Juli 2016, 12:20

Ist vielleicht noch interessant - Wasserstandsdiagramm des Pegels Simbach (Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt, Hochwassernachrichtendienst Bayern; http://www.hnd.bayern.de/pegel/inn" onclick="window.open(this.href);return false;):

Bild

Da kann man das erwähnte "Plateau" bei ungefähr 260 cm erkennen. Man sieht aber auch, dass der Wasserstand nach dem Höhepunkt relativ "langsam" über mehrere Stunden hinweg gefallen ist. Das wäre auf den ersten Blick für eine Flutwelle durch einen plötzlichen Dammbruch untypisch, da sich dann der "Stausee" ja doch relativ rasch entleert haben müsste. Allerdings muss man bedenken, dass eine mögliche Dammbruch-Flutwelle auf eine bereits gewaltige natürliche Hochwasserwelle aufbauen konnte. Möglich wäre auch, dass der Wasserstand beim Hochwasserabfall durch eine Behinderung des abfließenden Wassers durch diverse Hindernisse bzw. Rückstau erhöht wurde.
Liebe Grüße :)

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