27.07.2019 Im Bann des Hagelmonsters - Superzellen-Outbreak in der südlichen Steiermark
Verfasst: Sonntag 28. Juli 2019, 22:50
Am 27.07.2019 kam es in der südlichen Steiermark zu einem heftigen Unwetteroutbreak, leider auch mit zahlreichen Schäden. Aber alles der Reihe nach…
Nachdem am Freitag der Deckel zu stark war und die Gewitter, die ins Flachland nach Süden zogen, sofort eingingen (siehe Wetterbilder), setzten wir unsere Hoffnungen auf Samstag. Mit im Boot waren Georg, Thomas, Papa Harald als Fahrer und ich. Wir trafen uns um 14:30 Uhr in Feldkirchen bei Graz und berieten uns nur kurz, denn die Lage schien klar: Zellen, die sich im Grazer Bergland gebildet haben und weiter Richtung Osten (Weiz und Wechselgebiet) ziehen, werden irgendwann Richtung Südost ausscheren (im Bereich Hartberg, Feldbach, Oberwart waren die Bedingungen am besten) und sich zu rotierenden Superzellen entwickeln:
Daher brachen wir gegen 15:00 Uhr auf und fuhren auf der A2 Richtung Osten. Die ersten Zellen entwickelten sich auch schon etwas südlicher, die vorderste scherte auch bereits Richtung Osten aus. Jedoch erkannten wir etwas anderes, sowohl am Radar als auch im Rückspiegel: Bei Wettmannstätten/Preding hatte sich eine erste Zelle deutlich südlicher gebildet und verstärkte sich weiter:
Und schon war sie geboren, die erste Superzelle:
Daher ging’s schnell zurück nach Gleisdorf und über die Bundesstraße nach Süden Richtung Feldbach bzw. später eigentlich nach St. Stefan im Rosental. Bereits aus der Ferne zeigte die Zelle ordentliche Strukturen:
Etwas näher, um 16:00 Uhr, zeigte die Zelle schon Superzellencharakter:
Der Aufwindturm war gigantisch ausgebildet. Zu diesem Zeitpunkt muss die Zelle bereits sehr großen Hagel produziert haben:
Endlich waren wir nah genug dran. Eine klassische Superzelle mit rotierender Wallcloud stand direkt vor uns:
Danach verlor der Aufwindbereich etwas an Struktur und Form, die Zelle verwandelte sich in eine Multizelle. Dennoch gab es großen Hagel im Downburst:
Funnel-Alarm:
Gegen 16:40 Uhr verstärkte sich die Zelle wieder zu einer eindeutigen Superzelle und machte auch einen ordentlichen Ruck nach Osten, der Abstand wurde kritisch:
Daher ging’s gleich weiter Richtung Osten zu einem neuen Standort, doch auch hier war die Lage nicht viel besser:
Schnell flüchteten wir weiter Richtung Osten bzw. Südosten, denn die Zelle nahm um 17:00 Uhr noch einmal an Intensität zu. Am südöstlichen Rand des Bogenechos der Superzelle war der Aufwindbereich beängstigend nahe am Boden:
Fünf Minuten später hatten wir wieder etwas Luft, denn die Straße führte uns doch nach Südosten, wodurch der Abstand größer wurde und wir uns auch nicht mehr in der direkten Schussbahn der Zelle befanden. Den Aufwindbereich sahen wir dennoch genau, diese rotierte knapp über dem Boden:
Die Zelle produzierte mittlerweile einen heftigen Outflow-Sturm, und „schwächte“ sich auch wieder etwas ab. Auch zog sie recht schnell nach Osten, sodass wir sie um 17:10 Uhr aufgaben:
Doch der Tag war noch nicht vorbei. Unser Augenmerk fiel mittlerweile auf eine weitere heftige Superzelle, die sich etwas weiter südlich gebildet hatte:
Auch diese Zelle entwickelte sich rasant und zeigte sehr hübsche Strukturen:
Sowohl im Norden...
... als auch im Süden gab’s superzellenartige Formen:
Wenn der Aufwindbereich im Niederschlag verschwindet, ist das alles andere als ein gutes Zeichen:
Da es auch an diesem Standort langsam ungemütlich wurde, flüchteten wir nach Süden über Mureck nach Slowenien Richtung Lenart. Auch unsere zweite Zelle ist inzwischen nach Osten abgezogen, doch direkt über uns braute sich erneut etwas zusammen, auch hier brach im Aufwindbereich der Niederschlag durch und wir standen im Hagelschlag. Gott sei Dank waren die Schloßen jedoch maximal 2 cm groß:
Um ca. 18:40 Uhr erreichten wir dann Ptuj und sahen noch die im Norden abziehenden Zellen, jene, die wir gerade eben durchquerten. Diese scherten – im Gegensatz zu unseren ersten beiden Zellen – nicht nach Osten aus, sondern zogen in der Strömung nach Nordosten und wurden von den anderen Zellen förmlich aufgesaugt:
Das gestrige Unwetter-Outbreak war für die südliche Steiermark wohl die heftigste Lage im Jahr 2019. Sehr traurig sind natürlich die enormen Schäden, angefangen von landwirtschaftlichen Schäden über kaputte Glasscheiben bis hin zu durchschlagenen Dächern. Im Bericht von Patrick (siehe http://www.skywarn.at/forum/viewtopic.p ... f3a12d8378) sah man die bis zu 7 cm großen Schloßen, lokal werden diese eventuell noch größer gewesen sein. Papa Harald und Thomas waren heute noch unterwegs, die Schäden zu dokumentieren – ein Schadensbericht wird also folgen.
Der Grund für die heftigen Entwicklungen hängt sehr wahrscheinlich mit den morgendlichen Gewittern bei Wien und in Niederösterreich zusammen: Deren Outflow drehte sich um die Alpen herum und wehte aus Ost bzw. Südost mit heißen und feuchten Luftmassen der Strömung entgegen, was die Scherung und damit verbunden die Aufwinde maximal verstärkte und deshalb derart großen Hagel produzieren ließ.
Großer Dank gilt wieder Georg Pistotnik, der uns mit seinem großartigen meteorologischen Fachwissen perfekt unterstützte.
Nachdem am Freitag der Deckel zu stark war und die Gewitter, die ins Flachland nach Süden zogen, sofort eingingen (siehe Wetterbilder), setzten wir unsere Hoffnungen auf Samstag. Mit im Boot waren Georg, Thomas, Papa Harald als Fahrer und ich. Wir trafen uns um 14:30 Uhr in Feldkirchen bei Graz und berieten uns nur kurz, denn die Lage schien klar: Zellen, die sich im Grazer Bergland gebildet haben und weiter Richtung Osten (Weiz und Wechselgebiet) ziehen, werden irgendwann Richtung Südost ausscheren (im Bereich Hartberg, Feldbach, Oberwart waren die Bedingungen am besten) und sich zu rotierenden Superzellen entwickeln:
Daher brachen wir gegen 15:00 Uhr auf und fuhren auf der A2 Richtung Osten. Die ersten Zellen entwickelten sich auch schon etwas südlicher, die vorderste scherte auch bereits Richtung Osten aus. Jedoch erkannten wir etwas anderes, sowohl am Radar als auch im Rückspiegel: Bei Wettmannstätten/Preding hatte sich eine erste Zelle deutlich südlicher gebildet und verstärkte sich weiter:
Und schon war sie geboren, die erste Superzelle:
Daher ging’s schnell zurück nach Gleisdorf und über die Bundesstraße nach Süden Richtung Feldbach bzw. später eigentlich nach St. Stefan im Rosental. Bereits aus der Ferne zeigte die Zelle ordentliche Strukturen:
Etwas näher, um 16:00 Uhr, zeigte die Zelle schon Superzellencharakter:
Der Aufwindturm war gigantisch ausgebildet. Zu diesem Zeitpunkt muss die Zelle bereits sehr großen Hagel produziert haben:
Endlich waren wir nah genug dran. Eine klassische Superzelle mit rotierender Wallcloud stand direkt vor uns:
Danach verlor der Aufwindbereich etwas an Struktur und Form, die Zelle verwandelte sich in eine Multizelle. Dennoch gab es großen Hagel im Downburst:
Funnel-Alarm:
Gegen 16:40 Uhr verstärkte sich die Zelle wieder zu einer eindeutigen Superzelle und machte auch einen ordentlichen Ruck nach Osten, der Abstand wurde kritisch:
Daher ging’s gleich weiter Richtung Osten zu einem neuen Standort, doch auch hier war die Lage nicht viel besser:
Schnell flüchteten wir weiter Richtung Osten bzw. Südosten, denn die Zelle nahm um 17:00 Uhr noch einmal an Intensität zu. Am südöstlichen Rand des Bogenechos der Superzelle war der Aufwindbereich beängstigend nahe am Boden:
Fünf Minuten später hatten wir wieder etwas Luft, denn die Straße führte uns doch nach Südosten, wodurch der Abstand größer wurde und wir uns auch nicht mehr in der direkten Schussbahn der Zelle befanden. Den Aufwindbereich sahen wir dennoch genau, diese rotierte knapp über dem Boden:
Die Zelle produzierte mittlerweile einen heftigen Outflow-Sturm, und „schwächte“ sich auch wieder etwas ab. Auch zog sie recht schnell nach Osten, sodass wir sie um 17:10 Uhr aufgaben:
Doch der Tag war noch nicht vorbei. Unser Augenmerk fiel mittlerweile auf eine weitere heftige Superzelle, die sich etwas weiter südlich gebildet hatte:
Auch diese Zelle entwickelte sich rasant und zeigte sehr hübsche Strukturen:
Sowohl im Norden...
... als auch im Süden gab’s superzellenartige Formen:
Wenn der Aufwindbereich im Niederschlag verschwindet, ist das alles andere als ein gutes Zeichen:
Da es auch an diesem Standort langsam ungemütlich wurde, flüchteten wir nach Süden über Mureck nach Slowenien Richtung Lenart. Auch unsere zweite Zelle ist inzwischen nach Osten abgezogen, doch direkt über uns braute sich erneut etwas zusammen, auch hier brach im Aufwindbereich der Niederschlag durch und wir standen im Hagelschlag. Gott sei Dank waren die Schloßen jedoch maximal 2 cm groß:
Um ca. 18:40 Uhr erreichten wir dann Ptuj und sahen noch die im Norden abziehenden Zellen, jene, die wir gerade eben durchquerten. Diese scherten – im Gegensatz zu unseren ersten beiden Zellen – nicht nach Osten aus, sondern zogen in der Strömung nach Nordosten und wurden von den anderen Zellen förmlich aufgesaugt:
Das gestrige Unwetter-Outbreak war für die südliche Steiermark wohl die heftigste Lage im Jahr 2019. Sehr traurig sind natürlich die enormen Schäden, angefangen von landwirtschaftlichen Schäden über kaputte Glasscheiben bis hin zu durchschlagenen Dächern. Im Bericht von Patrick (siehe http://www.skywarn.at/forum/viewtopic.p ... f3a12d8378) sah man die bis zu 7 cm großen Schloßen, lokal werden diese eventuell noch größer gewesen sein. Papa Harald und Thomas waren heute noch unterwegs, die Schäden zu dokumentieren – ein Schadensbericht wird also folgen.
Der Grund für die heftigen Entwicklungen hängt sehr wahrscheinlich mit den morgendlichen Gewittern bei Wien und in Niederösterreich zusammen: Deren Outflow drehte sich um die Alpen herum und wehte aus Ost bzw. Südost mit heißen und feuchten Luftmassen der Strömung entgegen, was die Scherung und damit verbunden die Aufwinde maximal verstärkte und deshalb derart großen Hagel produzieren ließ.
Großer Dank gilt wieder Georg Pistotnik, der uns mit seinem großartigen meteorologischen Fachwissen perfekt unterstützte.