5-6.1.17 Schneeschuhtour aufs Hennesteck, Türnitzer Alpen

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Exilfranke1

Mittwoch 11. Januar 2017, 19:51

Wegführung am 5. Jänner: Sägemühle (840m, 10.25) - Karnreit - Umkehrpunkt (13.30, 1067m) - Sägemühle (14.55)
Länge: 5,5 km
Höhenmeter (Aufstieg): 240 hm
Gehzeit Gesamt (inkl. Fotografierpausen): ca. 4 Std.

Eigentlich zu fünft geplant quartierten sich Reini und ich schließlich zu zweit in der Sägemühle in Annaberg ein, die mit dem Mariazellerbus günstig erreichbar ist (Haltestelle direkt vor der Haustür). Extreme Wetterbedingungen standen uns ins Haus, sowohl von den Neuschneemengen als auch von extremer Kälte durch die einströmende skandinavische Arktikluft. Für mich ein Novum, noch nie bin ich bei so tiefen Temperaturen in Verbindung mit starkem Wind gewandert. Mit der richtigen Ausrüstung (4 Schichten, lange Unterhose, Sturmhaube, Goratex-Handschuhe, robuste Outdoorkamera) war das aber ohne größeres Unwohlsein realisierbar.

Wetter- und Temperaturentwicklung 5-8.1.17

Donnerstag: Annaberg (911m): -7°C bei der Ankunft, -10°C bei der Rückkehr ins Gasthaus, bzw. -9 und -13°C am Hennesteck (1280m). Durchgehend Schneefall, intensiver werdend und dazu stürmischer Nordwestwind.

Freitag: Annaberg -13°C bzw. -16°C Hennesteck (gemessen: -15 bis -18°C mit unseren Thermometer-Anhängern); weiterhin andauernder Schneefall, durchaus großflockig, windig.

Samstag: Annaberg -14°C in der Früh, -9°C zu Mittag bzw. Hennesteck -17 und -14°C. In der Früh abklingender Schneefall, Neuschnee insgesamt rund ein halber Meter, dann vorübergehend sonnig mit tiefen Restwolken, am frühen Nachmittag aufziehende Schichtbewölkung aus Westen mit Warmfrontannäherung. Zu Sonnenuntergang einsetzender Schneefall und Temperaturanstieg in allen Schichten.

Sonntag: Annaberg -9 bzw. -7°C, Hennesteck -12 bzw. -8°C, aus der Nacht heraus intensiver Schneefall, erst am Nachmittag abklingend, 30-40 cm Pulverschnee neu auf Altschnee mit schwach ausgeprägtem Harschdeckel.

Extremwerte am Hochwechsel (1743m): 160 km/h am Freitag bei -20°C, 130 km/h bei -22°C am Samstag

Der Vorteil des Gasthofs ist die große Auswahl an Tourenmöglichkeiten, ohne ein Auto benutzen zu müssen. Wir konnten die Schneeschuhe vor der Haustüre anlegen.

Bild 1: Bereits recht verschneit vor der Haustür.

Die Schneeräumung funktionierte vorbildlich, alle halbe Stunde kam ein Schneepflug vorbei, auch in der Nacht wurde immer wieder geräumt. Dennoch herrschte für den Annaberg und Josefsberg Schneekettenpflicht für 7,5 Tonner.

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Bild 2: Ab ins Dambachtal, hier auf geräumtem Forstweg unanstrengend leicht bergauf.

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Dort, wo der markierte Weg dann in den Wald abzweigt, war harte Spurarbeit angesagt, was entsprechend das Vorankommen deutlich langsamer gestaltete.

Bild 3: Unterwegs am Herzerlweg.

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Bild 4: Man beachte, wie tief die Markierungen liegen.

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Ebenfalls sehr mühsam war die lange Querung über die freie Fläche zum Karnreit bei stark verwehtem tiefen Schnee. Danach weiterhin mühsam auf der Forststraße weiter.

Bild 5: Schwer zu erkennen, aber wir sind auf einem Forstweg.

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Bild 6: Auch der Verbindungsweg muss frisch gespurt werden.

Hier kehrten wir dann nach etwa drei Stunden Gehzeit um. Ich merkte außerdem, dass ich Sturmhaube und etwas dickere Socken hätte gebrauchen können.

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Bild 7: Am Rückweg auf unserer gelegten Spur.

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Bild 8: Auf der verwehten Wiese am Karnreit war von der Spur so gut wie nichts mehr zu sehen.

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Bild 9: Blick zur Annaalm (Bildmitte), rechts hinten das Hennesteck.

Am Folgetag kamen wir über das geschlägerte Stück ganz links hinab und gingen dann über die freie Fläche im Vordergrund auf direktem Weg zurück zum markierten Weg. Zu diesem Zeitpunkt hatte ein spürbarer Temperaturrückgang eingesetzt und der lebhafte Wind wurde beißend kalt.

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Bild 10: Unsere Spur wird gefestigt.

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Bild 11: Die Bäume tragen bereits schwer unter der Neuschneelast.

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Bild 12: Über einen mäßig steilen Hang wird abgekürzt.

Links der Vorgipfel des Scheiblingbergs, rechts das Hocheck (1343m), auf dem ich mit Reinis Gruppe am 3. Jänner 2013 stand.

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Bild 13: Über die geräumte Straße zurück zum Gasthof.

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Wegführung am 6. Jänner : Sägemühle (9.40) - Tourenskiroute - Annaalm (1293m, 12.10) - Karnreit (14.00) - Sägemühle (15.00)
Länge : 9 km
Höhenmeter (Aufstieg) : 550 hm
Gehzeit : ca. 4,5 Stunden

Meine Hoffnung, dass durch die extrem tiefen Temperaturen der Feuchtegehalt der Luftmasse sinkt und damit auch die Flockengröße, hat sich nicht bewahrheitet. Es schneite mit wenigen Intensitätsschwankungen von früh bis spät mit großen Flocken durch. Klassischer Nordstau. Die Steirisch-Niederösterreichischen Kalkalpen zählen zu den unterschätztesten Neuschneeregionen der Nordalpen, insbesondere das Gebiet zwischen Hochkar und Göller erhält oft deutlich mehr Neuschnee als vorhergesagt. Außerdem schneit es stärker und länger.

Warum gerade die Sägemühle mehr Schnee erhält als Annaberg, analog auch Neuhaus am Zellerrain zu Zellerrain selbst, kann ich nur mutmaßen. Mir kam die Idee der virtuellen Topographie, gewöhnlich benutzt für das Inntal bei Warmfrontschneefall. Wenn das Tal bis Kammhöhe mit Kaltluft gefüllt ist, kann der starke Wind nicht hinabsteigen. Er streicht über das Tal hinweg als sei es Fels. Absinkende Luftbewegung ist nämlich mit Abtrocknung und Intensitätsverringerung verbunden. Sowohl Neuhaus als auch Sägemühle liegen in einer windgeschützten Senke, wo oftmals tiefere Temperaturwerte als in der Umgebung gemessen werden. Hier könnte also ebenfalls eine virtuelle Topografie die Abschwächung des Niederschlags bei starkem Wind verhindern.

Wir gehen anfangs so wie am Vortag. Als dann aber auf der von Tourengehern gefestigten Spur fünf Tourengeher an uns vorbei gehen, überlegen wir nicht lange und folgen ihnen kurzerhand. Unsere Spur wäre spätestens bei der großen Wiese zugeweht gewesen, von der folgenden Spurarbeit ganz zu schweigen.

Bild 1: Immer geradeaus.

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Bild 2: Bei rund -14°C und starkem Wind wahrlich kein Vergnügen, im Sessellift zu sitzen.

Für die extremen Wetterverhältnissen nutzten dennoch recht viele Skifahrer das Pistenangebot.

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Bild 3: Freier Skiraum im dick verschneiten Wald.

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Bild 4: Auf der Piste bereits wenig unterhalb der Kammhöhe (ca. 1200m).

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Bild 5: Interessante Schichten

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Bild 6: Bereits etwas westlich von der Annaalm über die meterhohen Wechten.

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Bild 7: Ohne Kommentar

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Bild 8: Unaufhaltsam der freien Fläche entgegen.

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Bild 9: Extrembedingungen

Die leicht bergab führende Querung am Kamm dauerte nur rund acht Minuten. Dabei wehte jedoch ein stürmischer Westwind mit unangehmen Böen. Er hatte es auch leicht dank der geschlägerten Fläche stromaufwärts. Bei -16 bis -17°C Lufttemperatur waren das die extremsten acht Minuten meiner jungen Alpinlaufbahn. Es zog selbst durch meine dicken Handschuhe durch und fror mir schier die Backen ab, die ich zwischen Sturmhaube und Sonnenbrille nicht vollständig bedecken konnte.

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Bild 10: Abgewehter Schnee, der sich in jungen Gehölzen gefangen hat.

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Bild 11: Bequemer und mit weniger Wind auf der Forststraße hinab bis zur ersten Kurve.

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Bild 12: Was wäre Schneeschuhwandern ohne Hangabschneider?

Das hat uns so gut gefallen, dass wir nach zwei Abschneidern wieder entlang der Tourenskispur aufstiegen und ein zweites Mal den Hang hinabrutschten.

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Bild 13: Sooo flauschig!

Bei nassem Neuschnee machts nicht gar so viel Spaß, bei hüfthohem Pulverschnee schon eher, ein Gehen wie im Weltraum (bei soviel Gewand an sowieso der reinste Raumanzug), durch die niedrigen Temperaturen wird die Ausrüstung auch nicht feucht. Es war einfach herrlich.

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Bild 14: Bei zunehmendem Schneesturm schließlich über die Wiese

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Dann hatten wir kurz überlegt, um die Wiese herumzugehen und über den Triebl ins Tal abzusteigen. Doch der Weg war völlig zugeweht und in der Ebene wieder mühsamer zu spuren. Sehr weit sind wir nicht gekommen, dann direkt am Waldrand kam wieder der eisige Wind (mit ansehnlichen Wächten) hinzu, sodass wir umdrehten und unsere bekannte Spur zurückgingen.

Bild 15: Wie am Vortag über den Hang hinab.

Die Spuren vom Vortag sind allenfalls zu erahnen, die Verwehungen blieben enorm.

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Gruß,Felix

PS: Die Berichte von den anderen Touren auf Tirolerkogel und Scheiblingberg folgen noch diese Woche.
Hannes
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Mittwoch 11. Januar 2017, 20:17

Mahhh Felix herst du mochst ma an Gusta auf ´s Schneeschuach Woundan geh leck mi doch am oasch... *top*

Spounanda Bericht aus die Noadoipm
lg Hannes
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SteHo
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Donnerstag 12. Januar 2017, 10:50

Das hintere Traisental ist halt ein Traum. In Annaberg hab ich Skifahren gelernt und meine Firmung war auch dort. Ist halt doch close to home und war immer schon ein unglaubliches Schneeloch bei der richtigen Anstroemung!! Feiner Bericht!
Polar- und Klimaforscher.

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[x] University of Oslo.
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Feli
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Donnerstag 12. Januar 2017, 16:15

auch bei wind und schnee eine schöne gegend und es hat wohl trotzdem spass gemacht! :-)
da verdient man sich dann das abendessen so richtig! *ja*
liebe grüsse
(die) Feli
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Aschach/Steyr/OÖ 435m, Wetterstation: Davis Vant-Vue
I took a heavenly ride through our silence, I knew the waiting had begun. And headed straight into the shining sun -D. Gilmore
Schneefrosch 2017/2023
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