02.04.2011 - Warme Ozeane bringen Ostküsten Kälte

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ThomasWWN
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Warme Ozeane bringen Ostküsten Kälte

31.03.2011 | 18:32 | JÜRGEN LANGENBACH (Die Presse)

Die Winter-Temperaturdifferenz zwischen Nordamerikas Ost- und Europas Westküste kommt partiell vom Golfstrom. Aber ganz anders, als oft gedacht.

Barcelona liegt nördlich von New York, aber im Winter ist es an der Ostküste der USA um zehn, 20 Grad kälter als im Westen Europas. Das kommt vom Golfstrom, jedes Kind weiß es, die Klimaforscher wissen es auch. „Global warming, regional cooling“, heißt das Schlagwort: Zu viel Wärme im Nordatlantik könnte den Golfstrom zum Erliegen und Europa zum Frieren bringen.

„Das ist nichts als ein Mythos und ein Unfug, der von verantwortungslosen Klimatologen von einer Generation zur nächsten gereicht wird“, widerspricht seit Langem Richard Seager, Ozeanograf der Columbia University, New York. Er lebte erst in England, dann in New York, dann in Seattle, an der Westküste. Dort merkte er, „dass die Erklärung mit dem Golfstrom falsch ist“: In Seattle ist es im Winter so warm wie in London, es gibt dort aber keinen Golfstrom. (Es gibt im Pazifik Ähnliches, den Kusoshiho Current, aber der kommt nur bis Kalifornien, nicht hinauf nach Seattle.). Was wärmt dort? Das Meer. Wasser hat eine höhere Wärmekapazität als Land, im Frühjahr erwärmen sich die Ozeane langsamer, im Herbst kühlen sie nicht so rasch aus. Und die Winde wehen in mittleren nördlichen Breiten meist von Ost nach West. Das bringt Westküsten Wärme („maritimes Klima“) und Ostküsten Kälte („kontinentales Klima“). Und es bringt der US-Ostküste besonders viel Kälte, weil die Rocky Mountains von Norden nach Süden laufen und eisige arktische Winde dorthin lenken.

Wind ist zentral, nicht Wasser

Seager hat es in Modellen simuliert: „Nimmt man die Rocky Mountains aus dem Klimamodell weg, halbiert sich der Temperaturunterschied zwischen New York und London. Die andere Hälfte kommt vom Unterschied zwischen dem kontinentalen Klima auf der amerikanischen und dem maritimen Klima auf der europäischen Seite“ (American Scientist, 94). Es kommt also (fast) alles direkt mit dem Wind, und kaum etwas mit dem Meer, nur etwa zehn Prozent trägt der Golfstrom laut Seager zu Europas milderen Wintern bei. In der Größenordnung stimmen andere zu, aber der von Seager vorgeschlagene Mechanismus ist auch nur die halbe Wahrheit. Denn nicht nur die Ostküste Nordamerikas ist im Winter bitterkalt, die Ostküste Asiens ist es auch, und dort gibt es keine Rocky Mountains, die Topografie ist ganz anders. Deshalb schlagen Yohai Kaspi und Tapio Schneider (Caltech) eine neue Hypothese vor: Auch sie beginnt mit den im Winter relativ warmen Ozeanen (und dem Golfstrom und dem Kusoshiho Current). Sie lassen warme Luft aufsteigen, und die setzt hoch oben die Atmosphäre so in Bewegung, dass im Westen kalte Luft aus dem Norden angesaugt wird. Das bringt den Ostküsten Nordamerikas und Asiens Kälte (Nature, 471, S.621). „Der Golfstrom heizt nicht Europa, zumindest nicht wesentlich“ schließt Kaspi. „Er kühlt Nordamerika.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.04.2011)
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