Im Gegensatz zum Strahlungsnebel (nächtliche Auskühlung) verlangt der Hochnebel keine Temperaturumkehr am Boden, sondern in der Höhe (no na - sonst wäre es kein Hochnebel). Diese Temperaturumkehr wird in der Regel durch eine Absinkinversion erzeugt. Diese findet man unter Hochdruckeinfluss und sie sieht in Radiosondenaufstiegen wie ein Tannenbaum aus. Ist diese Inversion gegeben und hat man genügend feuchte Luft darunter, UND befindet sich keine Wolkenschicht über dieser Inversion (die durch die sogenannte Gegenstrahlung den Hochnebel auflösen kann), so ist Hochnebelbildung prinzipiell möglich.
Zusammenfassung:
- Temperaturumkehr in der Höhe (Inversion)
- hohe relative Luftfeuchte unterhalb der Inversion
- klarer oder zumindest locker bewölkter Himmel
Starker Wind in Bodennähe verhindert den klassischen Strahlungsnebel, da er die bodennahen Luftschichten wie in einem Mixer durcheinanderrührt und die Kaltluft damit nicht bis auf den Taupunkt auskühlen kann (sprich: die 100 % relative Feuchte werden nie erreicht).
Im Fall von Hochnebel ist starker Wind aber nicht zwangsläufig schlecht. Denn zum Einen bringen die Windturbulenzen feuchte Luft vom Boden in höhere Luftschichten, sodass sich die feuchte Luft unterhalb der Inversion ansammeln und kondensieren kann, zum Anderen bewirkt der Wind an einem Gebirge ein Aufsteigen von Luftmassen, was mit einer Abkühlung auf den Taupunkt verbunden ist. Dies erklärt auch den berüchtigten, zu großen Depressionen führenden Hochnebel im Wiener Becken bei Südostwind. Die Luft gleitet dabei auf der windzugewandten Seite des Wienerwalds und Wald- bzw. Weinviertel auf und wird dabei gleichmäßig gehoben. Starker (Beaufortskala 6 entsprechend = 39-49 km/h) Wind und Hochnebel schließen sich daher nicht aus.
Auf der windabgewandten Seite reißt der Nebel dafür häufig Lücken, ganz markant ausgeprägt war dies vor ein paar Tagen über Ungarn, als der höchste Gipfelstock rund um Köris-Hegy nordwestlich vom Plattensee eine pfeilförmige Auflockerung in die sonst kompakte Hochnebeldecke riss (leider finde ich das Bild nicht mehr, wird nachgereicht). Auch nördlich vom Leithagebirge entwickelten sich schmale Streifen mit klarem Himmel, die diesen Lee-Effekten zuzuschreiben sind.
Soweit erstmal die Grundlagen - wir wissen (hoffentlich) nun, warum sich Hochnebel bilden kann und welche Rolle der Bodenwind dabei spielt.
Bestimmung der Hochnebelobergrenze:
Zum einen Radiosondenaufstiege, also Messungen von Temperatur und relativer Feuchte in der Höhe durch einen Wetterballon. Dieser ist aus Kostengründen und wegen dem florierendem Flugverkehr nur eingeschränkt vorhanden. In Mitteleuropa gibt es meist alle 12 Stunden einen Aufstieg, in Innsbruck, Linz und Graz auch nur einen Aufstieg, selten auch mal 4 (z.B. Idar-Oberstein, Lindenberg, Kümmersbruck).
Quelle: http://weather.uwyo.edu/upperair/europe.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Weiters Vertikalschnitte aus Wettermodellen. Dies sind allerdings meist Vorhersagen und können von der Realität abweichen...
Quelle: http://www.wetter3.de/vertikal.html" onclick="window.open(this.href);return false;
Schließlich auch Meteogramme, d.h. die Punktprognosen für eine Stadt, wobei hier meist nur eine begrenzte Auswahl vorhanden ist.
Quelle: http://www.wetterzentrale.de/topkarten/tkavnmgeur.htm" onclick="window.open(this.href);return false;
Alle drei Möglichkeiten haben den Nachteil, dass sie nur relativ wenig Orte abdecken und relativ grob aufgelöst sind, d.h. lokale Besonderheiten fallen unter den Tisch.
Eine vierte, wesentlich effektivere Möglichkeit ist die Verwendung von Webcambildern. Was aber nützt dies für die Vorhersage? Denn wenn der Hochnebel heute auf einer bestimmten Höhe war, heißt das noch lange nicht, dass er morgen auch dort ist.
Wir müssen also zusätzlich erfahren, ob sich die Hochnebeldecke absenkt oder ob sie ansteigt.
Hochnebel steigt an...
...wenn der Bodenwind zunimmt, das bewirkt einerseits verstärkte Hebung an einem Gebirge (Hebung = Aufsteigen = Ansteigen), andererseits eine verstärkte Durchmischung der Luftmasse und damit Auftrocknen (den Hochnebel bröselt es von unten auf)
...wenn großräumige Prozesse die Inversion steigen lassen, etwa mit der Passage einer in höheren Schichten ausgeprägten Tiefdruckrinne (Trog), diese bewirkt ebenfalls Hebung und einen Anstieg der Hochnebel(ober)grenze.
Hochnebel sinkt ab....
...wenn der Bodenwind nachlässt
...wenn sich das Absinken in der Höhe verstärkt (zunehmender Hochdruckeinfluss) bzw. in der Höhe sehr trockene Luft einströmt. Die Hochnebelobergrenze verdunstet dann zunehmend in der trockenen Luft.
Wenn wir also vom Ist-Zustand ausgehen, müssen wir diese Faktoren beachten, und uns fragen, ob die Modellprognose meteorologisch plausibel ist.
Der Ist-Zustand heute mittag, 14.00 MESZ, in Ostbayern:
Der Radiosondenaufstieg zeigt auf der x-Achse aufgetragen die Temperatur (rechts) und die Taupunktslinie (links) und auf der y-Achse die Höhe in Meter und Hektopascal angegeben. Je enger Temperatur- und Taupunktslinie beieinander liegen, umso feuchter ist die Luft. Liegen sie aufeinander, spricht von man gesättigten (= 100 %) Verhältnissen, hier ist zu 100 % von Wolkenbildung auszugehen. Je höher man sich befindet, umso weniger eng müssen die Linien beieinander liegen, um Wolken zu erzeugen.
Man sieht also bis ca. 900 hPa (ca. 1000m) eine gesättigte Luftschicht, dies entspricht dem vermaledeiten Hochnebel, der heute fast ganz Bayern beehrt hat, eine ausgeprägte Temperaturinversion mit ca. 6-7 Grad Celcius Temperaturanstieg mit der Höhe, an der sich der Hochnebel ausbilden konnte, und darüber eine sehr trockene Luft (entsprechend klarer Himmel) mit den typischen gezackten Temperatur/Taupunktskurven, die wie ein Tannenbaum aussehen.
Dies ist ein Lehrbuchfall einer Hochnebellage für das Alpenvorland.
Strenggenommen befindet sich auf ca. 650 hPa eine weitere Inversion, die auch die beiden Windregime (darüber Westwind, der wärmere Luft heranführt, darunter Nordostwind, der kältere Luft heranführt) trennt.
In einem sogenannten Vertikalschnitt würde man die Höhe des Hochnebels folgendermaßen bestimmen:
Die linke Karte mit dem blauen Pfeil deutet an, für welchen Breiten/Längengrad der Vertikalschnitt gemacht wird, oben links mit roter Schrift steht, für welches Datum dieser Schnitt gelt.
Die rechte Karte zeigt für die Länge 13° Ost den Vertikalschnitt, der von 35° Nord bis 70° Nord reicht. Der für uns interessante Bereich erstreckt sich von ca. 48° Nord bis 50° Nord, in der rechten Karte mit einer roten Linie markiert.
In der rechten Karte ignorieren wir die verwirrenden Linien und schauen nur auf die Farben und Pfeile. Die Pfeile deuten praktischerweise an, wo Aufsteigen und wo Absinken in der Höhe stattfindet. Die Farben geben die Intensität der Vertikalbewegungen an. Dort, wo das Vorzeichen wechselt, also das Aufsteigen in ein Absteigen übergeht, befindet sich die von uns gesuchte Inversion. Oberhalb der Inversion ist die Luft wärmer als darunter, ein aufsteigendes Luftpaket wäre darüber also kälter und würde wieder absinken. Absinken ist aber gleichbedeutend mit Auftrocknung, also verrät uns die Lage der Inversion auch die Hochnebelobergrenze.
Sie befindet sich hier (siehe blaue Linie) auf ca. 880 hPa, das entspricht rund 1000m, stimmt also (+/- 100m) einigermaßen gut mit den Beobachtungen im Radiosondenaufstieg oben überein.
Dieses Verfahren braucht ein geübtes Auge und ist auf den ersten Blick verwirrend, aber die Hochnebelvorhersage ist nunmal kein Pappenstiel...
Die dritte Möglichkeit führt über die Meteogramme, hier für München:
Wir lassen uns abermals nicht verwirren und schauen nur in den 2. Kasten von oben, der wiederum einen Vertikalschnitt darstellt. Auf der x-Achse befindet sich nun die Zeit und auf der y-Achse die Höhe in Hektopascal.
Die gestrichelten Linien zeigen verschiedene Werte der relativen Luftfeuchte, uns interessiert der grün ausgefüllte Bereich, der für Werte über 70 % steht.
Die Obergrenze der 70%-Linie markiert in etwa die Obergrenze der tiefen Wolken, hier des Hochnebels, der sich zunächst auf ca. 870 hPa befindet und in den folgenden Tagen immer weiter absinkt (was plausibel ist, da sich der Hochdruckeinfluss verstärkt und den Nebel schließlich auflöst).
Diverse Wettermodelle, die das Gelände sehr hoch auflösen (Lokalmodelle), haben - nicht immer frei verfügbar - auch für beliebige Orte solche Vertikalschnitte als Vorhersage, die eine Abschätzung der Hochnebelobergrenzen (bzw. der Hochnebelbildung generell) erlauben. Auch kann man sich die Feuchteprognosen für verschiedene Höhen anschauen, etwa. 925 hPa (ca. 800m), 850 hPa (ca. 1500m) und 700 hPa (ca. 3000m), um eine Abschätzung zu treffen.
Nach dieser zugegeben doch recht umwerfenden Theorie noch ein paar visuelle Schmankerl zum Abschluss:
Bild 1: Ein hochaufgelöstes Satellitenbild von heute von Süddeutschland und Nordalpen
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/bsp1.jpg)
Eine kompakte Hochnebeldecke liegt über Bayern und Baden-Württemberg, endet im Oberrheingraben, gelangt dafür über den Bodensee ins Schweizer Mittelland sowie ins Rheintal. Auch in Osttirol und Oberkärnten liegt dichter Hochnebel, dort schauen einzelne Gebirgszüge noch heraus, die wie paläontologischen Funde herausstechen. Mit Kenntnis der Berghöhen kann man also herausfinden, in welcher Höhe der Nebel liegt. Wolkenfrei zeigt sich der Himmel dagegen inneralpin. Das kann u.a. damit zusammenhängen, dass die Tageserwärmung inneralpin stärker als außeralpin ist und damit die trockene Luft durch die stärkere Durchmischung in der Höhe rascher nach unten transportiert wird.
Beispiel 2 vom 3. Oktober 2010, 16.00 MESZ
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/bsp2.jpg)
Das Böhmische Becken alias Tschechien ist wie eine Badewanne von Hochnebel getränkt. Ebenso ist das typische Hochnebelkipferl über dem östl. Donauraum erkennbar. Eingekreist sind ein paar interessante Phänomene:
- im Bayrischen Wald löst sich der Hochnebel beim Überströmen der Gebirgszüge auf. Dies schaut dann sehr genial aus: http://www.wzforum.de/forum2/read.php?8,1982806" onclick="window.open(this.href);return false; (es handelt sich in der Tat um Föhn bzw. um Bora, da der Böhmische Wind meist sehr kalt ist).
- im Seengebiet Oberösterreichs, eine beliebte Hochnebelecke
- sowie Lee-Effekte durch die Südostströmung westlich von Wienerwald, Leithagebirge sowie nordwestlich des Bakonygebirges.
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Schließlich noch zwei Webcamserien vom Karren (976m hoher Berg in Vorarlberg, Blickrichtung Bodensee (Nordwest)) und Zugspitze (Blickrichtung Ost), die zeigen, wie der Hochnebel heute im Tagesverlauf immer weiter angestiegen ist:
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/k7.jpg)
Um 7.00 schaute der Pfänder (1064m, ganz rechts) noch weit aus dem Hochnebel heraus (ca. 800m hoch)
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/k12.jpg)
Um 12.00 ist die Hochnebeldecke aufgequollen und angewachsen, nur noch die obersten 60-100m lugen heraus, die braune Dunstschicht prophezeit ein weiteres Ansteigen
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/k17.jpg)
Um 17.00 ist zappenduster.
Ähnlich im bayrischen Alpenvorland:
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/z15.jpg)
Um 15.00 schauen die Bayrischen Alpen noch aus dem Hochnebel, die Karwendelgipfel sind gänzlich frei
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/z17.jpg)
Um 17.00 sind nur noch die höchsten Bergkämme der Voralpen frei, auch im Tal füllt sich die Badewanne
![Bild](http://www.wetteran.de/gipfeltreffen/hochnebel/z19.jpg)
Um 19.00 zur Blaudämmerung sind nur noch die Gipfel frei, der Rest im Hochnebel versunken.
In beiden Fällen ist der Anstieg der Hochnebelobergrenze bzw. das Ausweiten des Hochnebels nach Süden mit einem Sonderfall verbunden:
Inneralpin erwärmte sich die Luft den ganzen Tag, während sie unterm Hochnebel gleichmäßig kühl blieb. Mit den Höchstwerten inneralpin am späten Nachmittag baut sich ein Druckgefälle zu den Alpen hin auf und der Wind versucht dieses Gefälle auszugleichen, in dem er vom Vorland zu den Alpen weht. Dabei nimmt er die Wolken huckepack und strömt damit immer weiter zu den Alpen, wo sich die Luft unter dem klaren Himmel zwar abkühlt, aber immer noch wärmer ist als im kalten, sonnenscheinlosen Alpenvorland.
Dieser Effekt kann sich noch bei einer flachen Südföhnlage, wie sie derzeit vorherrscht (Patscherkofel 40 km/h Südwind in Böen) verstärken, wenn die trockene Föhnluft inneralpin für Wärme sorgt und dort der Druckfall und der Nordwind dann die feuchtkalte Luft aus dem Alpenvorland ansaugt.