Versuch einer Rezension über "Stü is" von Franz Kloiber
Schon das Vorwort macht dem Leser klar, dass er es hier nicht mit einem gewöhnlichen 08/15-Buch zu tun hat, sondern mit bunt zusammengewürfelten Wortmurmeln eines liebenswert-eigenwilligen literarischen Autodidakten. Das Kaleidoskop der Texte in Mundart und Schriftsprache schillert mal heiter, mal nachdenklich, mal zart verliebt, mal bäurisch-derb.
Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Freude des Autors am spielerischen Umgang mit der Sprache. In fast kindlicher Freude am Reim, am Klang, an der lustvollen Abwandlung spielt er zuweilen mit der Sprache wie ein Kätzchen im Korb neben dem Kamin mit Wollknäueln scherzt. A Reh, Da Goasschoaß, Hehnastoi, Der Graupelschauer, Mit Nichten dichten oder Datschal hoin sind wirklich vergnügliche Texte, die danach verlangen, mit Temperament laut vorgetragen zu werden. Sicher haben auch Kinder ihre Gaudi an solch lustigem Wort-Firlefanz!
Wir finden zarte Mundart-Liebesgedichte wie Da Sunn is glei, Üwa `s komisch Mensch, oder Wia gern, die mir mehr ans Herz gehen als zum Beispiel das hochsprachliche "Honig ums Maul". Überhaupt oute ich mich als Liebhaberin der Hinterseer Mundart, die für WienerInnen wohl manchmal schwer zu verstehen ist, aber hat man sich erst eingelesen, möchte man immer mehr davon.
Einen Höhepunkt erreicht das Buch mit seinen stimmungsvollen und melancholischen Naturgedichten (Stü is, Hirist, Da Woid). Das sind Gedichte für die Nebeltage, für den einsamen Natursucher, für ein gemütliches Zusammensitzen und Vorlesen bei Kerzenlicht in Dezemberstuben, wenn der Schnee bereits die ebenerdigen Fenster zudeckt… Das ist große Literatur! Das Leben am Land, eingebunden in Bräuche und Tradition, beschreiben Da erst Advent und In da Auferstehung. Sehr authentisch, jedoch nie ohne die Prise Humor, die immer wieder aufblitzt wie der Flügelschlag eines kleinen Schmetterlings, der in der Kirche den Pfarrer umflattert.
Ein Gut-Hinhorcher, ein Genau-Hinschauer, ein Tief-Hineinfühler ist er, der Franz Kloiber. Auch die kleinen, unscheinbaren Dinge, an denen andere achtlos vorbeisehen, sind ihm ein Gedicht wert: Pauspapia oder Den Fleggal Schnee sei Toud. Selbstironisch beleuchtet er den zeitweiligen Kampf des Dichters mit dem leeren Blatt in "Das Papier und ich". In diesem Buch tritt uns, ehrlich und unverfälscht, ein eigenwilliger Charakter entgegen, der das besitzt, was vielen arrivierten Autoren im Laufe ihrer Karriere irgendwie abhanden kommt: Die Individualität, die sich unbekümmert ausdrückt, nicht nach Auflagenzahlen und Mainstream-Geschmack schielt, Individualität, die sich nicht verbiegen lässt. Der Franz kommt mir vor wie ein eigenwillig gewachsener, alter Apfelbaum: Mancher Apfel schmeckt süß, mancher sauer, mancher ganz fein, mancher recht herb – alle zusammen aber ergeben einen sehr stimmigen Apfelstrudel, nämlich sein erstes Buch!
Danke für das Lesevergnügen und weiter so, unbekümmert und authentisch!

Wenn ich einen Wunsch äußern dürfte, würde ich mir einen zweiten Band ausschließlich in Mundart wünschen.