Freitag 10. Juni 2011, 17:49
Liebe KollegInnen,
Ich bin gerade von einer Dienstreise zurück, wo es allgemein um diese Thematik ging. Rein zufällig fand während meiner Dienstreise dieser Sonnensturm statt.
Wo ich gerade diesen Thread lese möchte ich daher gerne etwas zur Aufklärung beitragen:
Es gibt drei Formen der Sonnenstürme und deren drei Verursacher:
Strahlungssturm (verursacht durch Weißlicht/Röntgen-Flare)
Protonensturm (verursacht durch Protonen-Flare)
Geomagnetischer Sturm (verursacht durch CME, koronaler Massenauswurf)
Im Eröffnungsposting von wetter-live wird da bereits etwas vermischt. Der "gewaltige Ausbruch mit sehr hoher Röntgenstrahlung" (=Röntgen-Flare) hat mit den "Flammen, die so groß sind, dass der SAT nur die Hälfte aufnehmen konnte" nicht wirklich was zu tun. Der SAT (in diesem Fall SOHO mit Koronagraph LASCO C2) zeigt den Auswurf von Materie (koronaler Massenauswurf) und nicht die Röntgenstrahlung.
Trifft die Sonnenmaterie in Form einer verdichteten Plasmawolke auf die Erdmagnetosphäre, dann kann es zu einem geomagnetischen Sturm kommen. Dieser wird in 5 Klassen angegeben (G1-G5), wobei diese Klassen aus dem sogenannten Kp-Index abgeleitet werden, ein planetares Mittel von mehreren K-Indizes. K-Index steht, grob gesagt, für den Störbetrag des Erdmagnetfeldes. Wie wetter-live anmerkt, je höher der K-Index, desto eher Polarlichter, allerdings ist die statistische Korrelation im Posting von wetter-live deutlich zu optimistisch angeführt.
K6-7 wird in Österreich kaum Polarlicht bringen (bestenfalls besteht hier ein statistisches "Restrisiko")
bei K8 ist es möglich, aber bestimmt nicht sicher (K8 tritt als planetares Mittel im Schnitt an 4,5 Tagen pro Jahr auf --> soviele Polarlichter gibts in Österreich leider nicht)
K9 ist der Maximalwert und da sind Polarlichter bei uns wohl zu erwarten, selbst dann aber nicht ganz zu 100%
Chris 188 fragt, wie oft es zu solchen Stürmen kommt.
Nun, bezieht man die Frage auf die Häufigkeit der Eruptionen (also auf den ominösen Flare), so gilt: M-Klasse-Flares kamen im vergangenen Sonnenfleckenzyklus insgesamt 1563 mal vor (in 12,5 Jahren); diesmal war es ein M2.5-Flare (wird klassifiziert von M1 schwächer bis M9 stärker).
Bezieht man hingegen die Frage auf den koronalen Massenauswurf, so gibt es keine eindeutigen Statistiken. Da stellt sich nämlich die Frage, wie definiere ich hier "Stärke" ? Ist es die Geschwindigkeit des Auswurfs, die Teilchendichte ? Es hat sich eingebürgert, dass in Bezug auf koronale Massenauswürfe stets das Ausmaß der Erdmagnetfeldstörung für Statistiken herangezogen wird und diese Störung fiel diesmal nur moderat aus.
Wetter-live schreibt dann weiters, dass man die "Auswirkungen erst merkt, wenn die Strahlung auf der Erde auftrifft. Das kann innerhalb von 8min. passieren, das kommt drauf an mit wie viel km/h der Sturm unterwegs ist." Auch hier wird wieder einiges vermischt. Die Strahlung benötigt immer nur knapp über 8 Minuten (also Llichtgeschwindigkeit; die ist je nach Entfernung Sonne-Erde 8min10s bis 8min28s), die Massenwolke braucht dafür deutlich länger (mindestens 15 Stunden in einem absoluten Extremfall, meistens jedoch mehr oder deutlich mehr als 1 Tag).
lg, andreas