Von Windsbräuten, Donnerrosen und Wetterzaubern

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Wetterhexe

Freitag 5. Juli 2013, 14:46

Hallo,

gerne möchte ich in diesem Thread nach und nach verschiedene mythologische Aspekte des Wetters vorstellen. Ich würde mich freuen, wenn eventuell Ergänzungen, und, wenn nötig, auch Korrekturen eingebracht werden. :)
Sicherlich ist es sogar manchem von euch, der das Wettergeschehen ganz und gar rational betrachtet und sonst nur physikalische Gesetze und Messdaten im Kopf hat, schon manchmal beim Erleben eines Unwetters so ergangen: Man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass diese Wolkenungeheuer, diese gewaltigen Blitze, diese Finsternis, die die kleinen Erdenmenschen "aufzufressen" scheint, die oft erschreckende "Stimme" des Donners, irgendwie "beseelt" sind, so etwas wie ein Eigenleben entwickeln.

Wie viel mehr muss es den Menschen früherer Zeiten, die noch ganz wenig über die meteorologischen Gesetzmäßigkeiten wussten, so ergangen sein! Aus diesem Erleben des oft dramatischen Wettergeschehens, aus dem Gefühl, als kleiner Menschenwurm den ungeheuren Naturgewalten hilflos ausgeliefert zu sein, entstanden die Vorstellungen der vielen Wettergottheiten, Windgeister, Wetterhexen usw. in allen Kulturen. Ebenso entstand der Wunsch, das Wettergeschehen voraussagen zu können und es vielleicht sogar auf magische Weise zu beeinflussen. Über diese "Wetterdämonen" und Wetterzauber werde ich in den nächsten Tagen und Wochen in verschiedenen Abständen hier ein wenig erzählen, wenn ich darf.

Teil 1 mit Windsbraut, Wetterhexe, Dachsteinweib und Wetterzauber folgt in Kürze! ;)
Wetterhexe

Freitag 5. Juli 2013, 19:40

Teil 1

In unseren Volkssagen treten uns einige recht interessante, weibliche Wetterdämonen entgegen.

Die Windsbraut

Früher glaubte man, dass in plötzlich entstehenden, kleinen Wirbelwinden, die das Heu in die Höhe wirbelten, eine junge, nackte Frau mitflog, die Windsbraut. Sicher ist da nicht von heimischen Tornados die Rede, sondern von Windhosen, die den Menschen durch ihr unvermitteltes Auftreten und das in die Luft reißen von Heu etc. unheimlich waren. Zuweilen warf ein Mann ein sogenanntes "Drudenmesser" (auch Neun-Monde-Messer) in den Luftwirbel, um den Winddämon zu treffen. Manchmal fiel das Messer blutverschmiert auf den Boden zurück, manchmal blieb es oben - beide Optionen reichlich unheimlich. ;)

Solche Drudenmesser, die es sogar heute noch zu kaufen gibt (Internet!), waren und sind mit neun Halbmonden und neun Kreuzen verziert. Zuweilen sind die Griffe schwarz (magisch abwehrende Farbe) und die Klingen halbmondförmig gebogen. In Zeiten der zunehmenden Christianisierung kamen manchmal noch christliche Formeln wie INRI als Gravur dazu.

Die Windsbraut wird oft mit der Drud gleichgesetzt, wie aus dem Namen Drudenmesser schon hervorgeht. Ihrer Herkunft nach ist sie ein Wetterdämon der germanischen Mythologie. Eng mit ihr verwandt, manchmal auch ident, ist die

Wetterhexe

Wetterhexen wurden von ihren Zeitgenossen des Wetterzaubers beschuldigt, insbesondere der magischen Herbeiführung von Unwettern mit Hagel. Meist war das Wettermachen nur ein Teil des üblichen Zauberrepertoires einer Hexe, neben Schadzaubern anderer Art. Wie genau es vor sich ging, erkläre ich in einem späteren Kapitel. Dass tatsächlich Frauen des Wettermachens angeklagt und auch hingerichtet wurden, beweisen Fälle wie der Prozess gegen neun Frauen aus Völs und Umgebung (Schlerngebiet) am Gericht zu Völs in den Jahren 1506-1510. Auch aus den Hagelgebieten der Steiermark gibt es zahlreiche Beispiele. Neben den Wettermacherinnen gibt es auch die Wetteranzeigerinnen, zum Beispiel

Das Dachsteinweib

Die Sage berichtet, dass auf dem Dachsteinmassiv ein unheimliches, altes Weib umgeht, runzlig und mit nur einem einzigen Zahn im Mund. ;) Wer die alte Frau erblickt, tut gut daran, schleunigst einen schützenden Unterschlupf aufzusuchen, denn kurz nach dieser dämonischen Begegnung bricht ein heftiges Unwetter los. Es handelt sich beim Dachsteinweib der Sage nach um eine verwunschene, junge Sennerin, die einer Bettlerin die milde Gabe verweigert hatte.

Über die Wetterzauber im Einzelnen berichte ich im nächsten Teil, sonst wird das hier zu umfangreich.
Wetterhexe

Samstag 6. Juli 2013, 14:10

Teil 2

Heute geht es um das spannende Thema: Wie mache ich mir mein Unwetter selbst? *ggg* Nein, Spaß beiseite, ich berichte nur über die vielfältigen Praktiken, die Hexen und Zauberer früher angeblich angewandt haben, um "Wetter zu machen", und um die ebenso einfallsreichen Versuche der anderen, diese Unwetter abzuwehren. Besonders die Steirer sollten heute aufmerken, denn Teile der Steiermark waren wegen der Häufigkeit des Hagelschlags ein guter Boden für Wettermacher und Wettermacherinnen. Liest man die alten Prozessberichte durch, scheint in früheren Jahrhunderten die steirische Luft voll von auf Besen, Ziegenböcken, in Ofenschüsseln und anderen absonderlichen Fluggeräten von Hexenberg zu Hexenberg durch die Lüfte reitender Wetterhexen und Zauberer gewesen zu sein. ;) Am stärksten von der Hexenverfolgung betroffen waren die Regionen ehemalige Untersteiermark einschließlich Radkersburg, die SO-Steiermark sowie das obere Murtal samt Seitentälern.

Der Wetterzauber

Unsere Sagen berichten vor allem von zwei Techniken, wie Unwetter auf magische Weise "gebraut" wurden: Einerseits durch Umrühren von Wasser in einem Kübel oder Kessel, andererseits durch Werfen von Steinen in besondere Gewässer (meist Seen). Das alles geschah unter dem Murmeln geeigneter Zaubersprüche. Für Experimentierfreudige: Wirft man in den Wildsee auf der Seetaler Alm oder ins Waldteichl bei St. Lambrecht einen Stein, so entsteht laut altem Aberglauben ein Unwetter. ;)

Auch aus Wolle und Haaren wurden Unwetter, besonders Hagel, gezaubert. Fanden sich diese Dinge später zufällig in Hagelschloßen, galt die unnatürliche, zauberische Ursache des Unwetters als erwiesen.

Ganze Gesellschaften von Wettermachern (hier waren neben Frauen auch zahlreiche Männer vertreten) versammelten sich früher an bestimmten Orten, oft Bergen, zum Wettermachen, so zum Beispiel auf dem Stolzalpl. Man glaubte, dass man den Wetterhexer entlarven (sehen) konnte, wenn man sich gleichzeitig mit ihm auf der Stolzalm befand und dabei auf den Zehenspitzen eines Geistlichen stehend durch eine Monstranz schaute. Muss ziemlich schräg ausgesehen haben... *ggg*

Ein Zauberer gab im Hexenprozess an, der Teufel habe ihm den Hagel in einer Tasche überreicht. Dann seien sie auf einer Ofenschüssel durch die Luft geflogen ;) und hätten den Hagel abgeworfen. Das war 1682 zu Pfingsten in der Gegend von Krieglach.

Von einem Wettermacher ist aus den Prozessakten sogar wörtlich ein Zauberspruch überliefert:

"Ich beschwöre dich, Beelzebub und Satanas, daß ihr hinauffahrt und schlagt das Wasser hinauf in ein dicke Wolken in die Höh, und macht, daß der kalt Nordwind komme, damit's Eis abgäb und das Eis zu Brocken werd und solches die Wolken auslassen, auch der Wind es von der Höh herab zu den Häusern auf die Felder, Güter und Weingärten... hintreibe..."

Daraus spricht schon einiges an Bosheit und krimineller Energie (falls er den Spruch wirklich in der Absicht, Unwetter zu machen, verwendet hat, und nicht das Geständnis, wie so oft, unter Folter zustande kam).

Von einigen Pflanzen heißt es im Volksglauben, sie zögen den Blitz an, deshalb solle man sie nicht ins Haus nehmen, zum Beispiel die Alpenrose ("Donnerrose") und die Feuerlilie ("Donnerblume", "Donnerrose").

Ich habe mich entschieden, für Pflanzen, die den Blitz abhalten, sowie die vielfältigen Unwetter-Abwehrzauber ein eigenes Kapitel anzulegen. Bis bald! :)
Wetterhexe

Sonntag 7. Juli 2013, 12:59

Da momentan über Wien so etwas wie ein "Gewitterbann" zu liegen scheint und es daher wettermäßig eher fad ist, habe ich mir gedacht, trag ich halt wieder mal zur Unterhaltung bei mit

Teil 3

meiner Wetterg'schichtln. Heute geht es um die Abwehrzauber, also jene Handlungen, die man setzte, um die verheerenden Unwetter der Wetterhexen (auch "Hagelanne" und "Schauerbrüterin" genannt) und Wettermacher ein wenig im Zaum zu halten. Als da wären:

Wetterglocken

Als das wirksamste Instrument gegen den teuflischen Wetterzauber wurde das rechtzeitige Läuten der Wetterglocken ("Wetterläuten") erachtet. Das konnten entweder die Kirchenglocken sein, oder ganz spezielle, geweihte Wetterglocken, die oft sogar in abseits der Kirchen in der Landschaft verteilten Türmen hingen. Solche Wettertürme kann man heute noch nordöstlich von Graz, in Rinnegg, Schaftalberg und Niederschöckel bewundern. Schon Schiller lässt in seinem "Lied von der Glocke" ebendiese sagen: ""Fulguras frango" (die Blitze zerbreche ich). Sogar der Teufel sollte beim Klang der geweihten Glocken seine Macht verlieren.

Drudenmesser

Dass gelegentlich ein Druden- oder Neun-Monde-Messer in Wirbelwinde gegen die Winddämonin geschleudert wurden, habe ich euch in Teil 1 schon ausführlicher erzählt. Die Kreuze in dem Messer waren übrigens keine christlichen, sondern Malkreuze. Erst später kamen als Einritzungen christliche Buchstabenkombinationen dazu.

Meine besondere Sympathie gehört dem

Schrattlgatterl

auch Drudengatterl genannt. Das war ein aus Holzstäben gefertigtes Gebilde, das man an der Stalltür oder am Hoftor anbrachte, um die Drud und damit auch die von ihr verursachten Unwetter und Albträume (Albdrücken - die Drud drückt den Schlafenden) von Haus und Schlafgemach fern zu halten. Ein Schrattlgatterl kann man sich leicht selbst aus geraden Ästen oder Zweigen basteln (am besten Haselholz): Zwei Stäbe werden in X-Form gelegt, ein Stab wird mittig senkrecht darüber gelegt, und beides wird mit je einem waagrechten Stab oben und unten fixiert. Schaut putzig aus, wenn es so am Fenster hängt, und kein Mensch weiß, was das ein wenig an die Holzgebilde aus "Blair Witch Project" erinnernde "Kunstobjekt" sein soll. Es ist einfach liebenswertes, altes Volksbrauchtum. Im Internet kann man einen Blick in das Buch "Kleines Lexikon der Dämonen und Elementargeister" werfen - dort kann man sogar eine Abbildung eines Schrattlgatters (schon der Name allein... ;) ) finden.

Wetterschießen

Mit Gewehren wurden geweihte Kugeln in Hagelwolken geschossen, auch versuchte man, Unwetter mit lautem Böllerknall zu vertreiben.

Wetterkerzen

Geweihte Wetterkerzen wurden bei Unwettern entzündet. Ich selbst kann aus meiner Kindheit noch berichten, dass im Oberen Mühlviertel bei schweren Gewittern (und dort kam um die Zeit der Heuernte fast täglich ein solches) die ganze Familie samt Kinderschar sich im zentralen unteren Raum des Bauernhauses versammelte und betete, während draußen gewaltige Blitze niederkrachten, der Donner die Fensterscheiben erzittern ließ und Feuer aus sämtlichen Steckdosen zuckte.

Blitzabwehrende Pflanzen

Eingen Pflanzen wurde die Kraft zugeschrieben, Unwetter, speziell Blitze, abhalten zu können, wenn man sie auf's Hausdach pflanzte oder ins Haus brachte, allen voran Hauswurz und Bärlapp. Die Sporen des Keulenförmigen Bärlapps (Lycopodium clavatum) wurden als "Blitzpulver" oder "Hexenmehl" bezeichnet. Eine sehr interessante, alte Pflanze, und immer schon mit Zauberei in Verbindung gebracht.

Der wohl kurioseste Brauch zur Abwehr von Unwetter war wohl das

Windelschmeißen

Bauern im Wechselgebiet warfen weiße Windeln vor die Eingangstür, um ein Unwetter zu vertreiben. ;) Man stelle sich nur vor, jemand würde heute den Brauch noch ausüben und vielleicht dem verdutzten Briefträger vor der Haustür beim Aufziehen eines Gewitters einige Pampers entgegenschleudern... *ggg* Auf die verdatterte Frage, "Wos soi denn des?" nur die lapidare Antwort: "Unwetter-Abwehr." *rofl*

Taufhemdchen

Ähnlich kurios war der Brauch, "Hexenwetter" aufzuhalten, indem man ein "Chrisamhemdlein" (Taufhemdchen) auf den Zaun hing.

Wettersegen

Wie schon erwähnt, wurde gegen die Unwetter fleißig gebetet. In Stift St. Lambrecht wird noch eine alte Handschrift mit einem geheimnisvollen Wettersegen aufbewahrt: "Contra fulgura et tonitrua" (gegen Blitz und Donnerschlag). Als christliche Wetterpatrone galten der heilige Christophorus, Johann und Paul, Donatus und die Heiligen Drei Könige. Ihre Formel "CMB" am Haus sollte u.a. auch gegen Unwetter schützen.

So viel Unterhaltsames, Seltsames und Altertümliches für heute - Weiteres folgt. ;)
Wetterhexe

Montag 8. Juli 2013, 20:13

Guten Abend! :)

Eine kleine "Quizfrage" zwischendurch: Wer weiß, wer die feurig-stürmische "Lady in Red" auf meinem Avatar ist? Hinweis: Auch diese Dame kommt aus dem Bereich Mythologie/Religion und hat ganz eng mit dem Wetter zu tun, speziell mit Wirbelstürmen und Blitzen. Ich wäre sehr überrascht, wenn das hier jemand weiß - aber man weiß ja nie... ;)
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Feli
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Wohnort: Aschach/Steyr

Montag 8. Juli 2013, 22:24

interessant die querverbindungen zum wetter.
da is ja viel mythologie dabei :-) schön!
liebe grüsse
(die) Feli
Bild
Aschach/Steyr/OÖ 435m, Wetterstation: Davis Vant-Vue
I took a heavenly ride through our silence, I knew the waiting had begun. And headed straight into the shining sun -D. Gilmore
Schneefrosch 2017/2023
Eisfrosch 2020/21
Wetterhexe

Dienstag 9. Juli 2013, 07:29

Danke, Feli. Freut mich, wenn es gefällt! :)

Hier für alle noch drei kleine Hinweise zur "Quizfrage" betreffend meine Avatar-Lady:

Sie hat dunkle Haut - von welchem Kontinent stammt sie wohl ursprünglich? ;)
Hier in Österreich ist meine Frage eine recht knifflige; in Kuba oder Brasilien würde sie wohl als zu leicht befunden.
Auf Haiti heißt die Lady Brigitte.

Wer weiß es? :)
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Andi47
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Wohnort: Katzelsdorf / Leitha (NÖ)

Dienstag 9. Juli 2013, 07:49

Auch wenn ich die Quizfrage leider nicht beantworten kann - Deine Beiträge um die Mythologie rund ums Wetter sind hochinteressant! *super*
Standort: Katzelsdorf/Leitha, Bez. Wr. Neustadt, NÖ; Temperaturmessungen am Balkon (nicht genormt)
Wetterhexe

Dienstag 9. Juli 2013, 12:54

Andi47 hat geschrieben:Auch wenn ich die Quizfrage leider nicht beantworten kann - Deine Beiträge um die Mythologie rund ums Wetter sind hochinteressant! *super*
Das freut mich sehr, Andi! Dankeschön! :)

Zu meinem Teil 3 habe ich noch etwas Interessantes gefunden, daher heute ein kleiner Nachtrag:

Windfüttern (Elementeopfer)

Früher stellten sich auch bei uns die Menschen die ganze Natur als beseelt vor: In den Gewässern schwammen die Wassermänner und Nixen, im Wald trieben sich Elfen und Wilde Frauen um, im Gebirge Riesen und Salige, in den Bäumen die Moosweiberl, in den Bergwerken die Zwerge, in den Lüften die Windsbräute usw. Man sah die Naturgewalten als etwas, das es zu besänftigen galt, mit dem man Kontakt aufnehmen konnte. So entstand u.a. der seltsame und doch auch anrührende Brauch des "Windfütterns", den, man munkelt es, ganz alte Leute am Land heute zuweilen noch immer ausüben – heimlich, damit sie von den Enkeln nicht ausgelacht werden. *ggg* Sie streuen Mehl in den Wind, um ihn zu besänftigen und Stürme fern zu halten. Wer mehr darüber lesen möchte, gebe in die Google-Suche "Elementeopfer in Oberösterreich" ein. Schon der erste Link des OÖ Landesmuseums ist ein Volltreffer!

Nachdem ich in Teil 1 nur weibliche Wettergeister vorgestellt habe, sind heute in

Teil 4

die männlichen Wettermachos mit den Rauschebärten dran, die uns zeigen, wo der Hammer hängt. ;)
Interessant sind die interkulturellen Parallelen: Viele Wettergötter sind eng mit der Eiche verbunden und haben als Attribut eine Doppelaxt oder einen Doppelhammer. Kein Wunder, dass die Eiche mit den Wettergöttern assoziiert wird: Laut Internetseite des Landes Steiermark werden im geschlossenen Wald wegen ihres hohen Feuchtigkeitsgehalts tatsächlich Eichen etwa 60mal eher vom Blitz getroffen als Buchen! Bezüglich Doppelaxt und Doppelhammer betrifft die Gemeinsamkeit sogar zwei örtlich und kulturkreismäßig so immens weit voneinander entfernte Blitzgötter wie Thor (Nordeuropa) und Shango (Westafrika).


Wilde Jagd

Die Wilde Jagd ist ein Totenheer, das unter lautem Johlen, Rasseln, Hundegebell usw. vor allem während der Rauhnächte durch die Lüfte zieht. Männer, Frauen und Kinder nehmen an dem dämonischen Ritt teil. Manchmal werden auch Frau Holle bzw. die Percht als Teilnehmerinnen genannt, und der oberste Gott der Germanen,

Odin (Wotan),

als deren Anführer.
Mit dem Wetter hat die Wilde Jagd insofern zu tun, als sie wie ein wütender Sturm über den erschrockenen, nächtlichen Wanderer hinwegbraust. Unsere Sagen berichten, dass manche, die sich richtig verhielten, mit dem Schrecken davon kamen, andere jedoch, die sich arrogant gebärdeten, vom Wilden Heer streng bestraft wurden. Als Entstehungsursprung des Glaubens an die Wilde Jagd gilt die Angst der Menschen vor nächtlichen Winterstürmen.
Im Gebiet des Untersbergs im Salzburgischen gibt es heute noch einen Brauch, der sich das "Wilde Gjoad", die Wilde Jagd, nennt. In diesem Vor-Rauhnachtsbrauch gehen illustre Gestalten mit wie zum Beispiel die Habergoaß, die Baumpercht, das Moosweiberl, der Hahnengickerl und der Saurüssel. ;)

Thor (Donar, "der Donnerer"):

Thor ist der eigentliche Gewitter- und Wettergott der Germanen. Sein Attribut ist der Doppelhammer (war u.a. ein Fruchtbarkeitssymbol und wurde als solches gerne von Frauen getragen). Er steht mit der Eiche in enger Verbindung. In der Hamburgischen Kirchengeschichte heißt es:
"Thor hat den Vorsitz in der Luft, er lenkt Donner und Blitz, gibt Wind und Regen, heiteres Wetter und Fruchtbarkeit."

Taranis

ist der keltische Himmelsgott, der "Donnerer". Zu seinem Attribut, dem Rad, gibt es u.a. eine sehr kühne Deutung als Kugelblitz (!). Dies scheint mir aber denn doch etwas sehr weit hergeholt zu sein. Vielleicht war der Keltenforscher, der diese Deutung aufbrachte, nebenberuflich ein begeisterter Gewitterjäger (ein früher "Stormchaser", wenn man so will). ;)

Jupiter:

Jupiter, der oberste Gott der Römer, ist als alter Himmels- und Wettergott (Lichtbringer), wie sollte es anders sein, eng mit der Eiche verbunden. Jupiter Tonans bedeutet "der Donnerer", Jupiter Fulgur "Jupiter Blitz". Dem römischen Jupiter entspricht

Zeus,

der oberste Gott der Griechen. Sein heiliger Baum ist, wenig überraschend – die Eiche. Im Eichenorakel von Dodona gab der Gott des Wetters und des Blitzes Auskunft. Es gibt noch einen speziellen, griechischen Windgott, nämlich

Aiolos

Gatte der Eos, der Göttin der Morgenröte.

Petrus

Als Träger der Schlüssel zum Himmelreich und also Herrscher über den Himmel wird Petrus im Volksglauben für das Wetter, insbesondere das Regenwetter, verantwortlich gemacht.

So, das waren jetzt sozusagen die "Quotenmänner" ;) , und in Teil 5 wird das Geheimnis um die "Lady in Red" gelüftet. Da lasse ich euch aber noch ein bisschen zappeln! ;)
Wetterhexe

Mittwoch 10. Juli 2013, 18:49

Teil 5 wird erst im Laufe der nächsten Woche kommen. Inzwischen noch ein Hinweis bezüglich der "Quizfrage":

Der "Haberer" der Dame heißt Shango. ;)

Damit habe ich das Rätsel aber praktisch aufgelöst, oder?
omiruth

Mittwoch 10. Juli 2013, 21:14

Die Dame ist Oyá :)
Habs nicht gewusst, aber Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Oy%C3%A1" onclick="window.open(this.href);return false;

Sehr interessant, deine Geschichten!
Bauern im Wechselgebiet warfen weiße Windeln vor die Eingangstür, um ein Unwetter zu vertreiben. ;) Man stelle sich nur vor, jemand würde heute den Brauch noch ausüben und vielleicht dem verdutzten Briefträger vor der Haustür beim Aufziehen eines Gewitters einige Pampers entgegenschleudern... *ggg* Auf die verdatterte Frage, "Wos soi denn des?" nur die lapidare Antwort: "Unwetter-Abwehr."
"alte Stoffwindeln zu Chasing-Ausrüstung hinzufüg" (falls es mal zu gefährlich wird) *lach* :brüll
Wetterhexe

Mittwoch 10. Juli 2013, 21:28

omiruth hat geschrieben: Die Dame ist Oyá :)
Bingo! *bravo* Oya oder auch Yansa. Werde nächste Woche noch ein bisschen über die Lady mit dem heftigen Temperament erzählen. ;)
omiruth hat geschrieben: Sehr interessant, deine Geschichten!
Freut mich, wenn's gefällt! :)
omiruth hat geschrieben: "alte Stoffwindeln zu Chasing-Ausrüstung hinzufüg" (falls es mal zu gefährlich wird) *lach* :brüll
:brüll Und statt des Hagelgitters ein Schrattlgatterl am Auto montieren - hält Blitz und Hagel garantiert auf magische Weise fern! *rofl*
Wetterhexe

Freitag 19. Juli 2013, 16:45

Hallo wieder einmal!

Bisher habe ich über Sagengestalten aus unserer Heimat und Wettergottheiten aus dem europäischen Raum berichtet. Heute soll uns Oya, die Dame auf meinem Avatar, auf eine kleine Weltreise mitnehmen...

Teil 5

Oya (oder auch Yansa) entstammt einer Religion, die in vielseitigsten Ausprägungen und Richtungen von den staubigen, sonnenverbrannten Dorfplätzen Benins und Nigerias kommt, die der aus Lehm geformte Legba (Herr der Wegkreuzungen, Schützer der Häuser, Mittler zu allen anderen Gottheiten) bewacht, aus den dampfenden, geheimnisvollen, dämmerschattigen Wäldern des Kongo mit ihren Wurzeln, Spinnen, Schlangen und Geistern ;) , aus den lauten, lebendigen, bunten Dörfern und Städten Haitis, Kubas und Brasiliens, aus den krokodilsäugigen, bluesgeschwängerten Bayous im Süden der Staaten... - diese Religionen fasst man gewöhnlich mit dem Oberbegriff "Voodoo" (auch Vodu oder Vodun) zusammen.

Oya (Yansa) ist in der Yoruba-Religion die Orisha (Gottheit) der Winde, der Stürme und des Blitzes. Auch beherrscht sie die Marktplätze und wacht an den Friedhofspforten. Diese starke, wilde Göttin, eine Kriegerin, steht ganz allgemein für plötzliche, unerwartete, manchmal drastische Veränderungen im Leben. Ihr Gefährte ist Shango, ebenfalls ein Gott der Blitze, der Stürme, im haitianischen Voodoo als Wetter- und Donnergottheit verehrt. Ein wahres "Power-Pärchen", diese beiden! ;) Gert Chesi berichtet uns in seinem Buch "Voodoo in Afrika", die Menschen dort glauben zuweilen, dass Shango selbst durch die Kleinigkeit eines Blitzes aus einem Fotoapparat auf den Plan gerufen werden kann. ;)

Eine weitere, wichtige Voodoo-Gottheit, die mit Blitzen zu tun hat, ist Damballah, der als Schlange dargestellt wird - eine uralte Gottheit der Schöpfung und der kosmischen Energie. Man sagt, als er seine Blitze auf die Erde schleuderte, entstanden an diesen Stellen die "Donnersteine" (dabei handelt es sich um Tektit!). Damballahs Gefährtin ist Ayida Wedo, die "Regenbogenschlange".

Im haitianischen Götterhimmel werden nicht weniger als sechs Dämonen des Sturms gezählt, darunter Agawu, der Stürme und Erdbeben auszulösen vermag, und Guéde-loraye, die als kleingewachsene Frau beschrieben wird, die sich während der Stürme zeigt. Sogbo, der Loa des Blitzes, tritt zusammen auf mit Badè, dem Loa des Windes; gesellt sich Ague, der Herr des Meeres dazu, ist das Unwetter perfekt. ;)

So weit ein kleiner Ausflug in die Gefilde des Voodoo. Für österreichische Verhältnisse weiß ich sicher eine ganze Menge über diese Religionen, und dennoch habe ich bei der verwirrenden Vielzahl an religiösen Richtungen und Gottheiten das Gefühl, ich hab nur an einem ganz kleinen Zipfel eines riesigen Geheimnisses ein wenig gekratzt. ;) Wer Fragen dazu hat, frage mich trotzdem jederzeit! Gerne rücke ich das furchtbare Bild des Voodoo, das viele Österreicher aus amerikanischen Horrorfilmen gewonnen haben, ein wenig zurecht. Voodooanhänger sind in der Mehrzahl keine düsteren Figuren, die den ganzen Tag Schadzauber wirken, Zombies herstellen, Hühner abkrageln und unter Verwünschungen Nadeln in Puppen stechen. Beschäftigung mit diesen Religionen gestattet uns einen aufregenden Blick in eine ganz andere Welt, in der schon die Götter so originell sind, dass zumindest hoher Unterhaltungswert gegeben ist.

Unterhaltsam war, so hoffe ich, auch mein kleiner Ausflug in die Vergangenheit, zu Sagengestalten und Wettergöttern, zu volksmagischen Wetterbräuchen und gar nicht soooo schrecklichen Wettergeistern aus einer uralten Religion, die sich in vielen Ausformungen über die halbe Welt verbreitet hat.

Danke für's Lesen! :)
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