07.06.2024 Weststeirische Superzelle mit viel Hagel von Graz bis Ptuj (AUT-SLO-Outbreak)

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jfk
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Samstag 8. Juni 2024, 11:23

Hallo!

Eine über Österreich liegende und entlangschleifende Front sorgte auf der Vorderseite für viel Labilität in energiereichen Luftmassen. Es bildeten sich anscheinende kleine „Dry Lines“, an diesen entstanden heftige Gewitter:

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Quelle: GeoSphere Austria (https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/we ... 024&utc=12)

Das ESTOFEX-Team entschied sich für ein LVL2 im SE von Österreich:

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Quelle: ESTOFEX (https://www.estofex.org/)

Auch der Skywarn-Forecast von Gerald war entsprechend. Zum ersten Mal in der Saison wurde LVL3/4 aufgeboten:

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Ich verabredete mich mit Thomas (Pf) für ein gemeinsames Chasing. Wir trafen uns gegen 14:15 Uhr im Süden von Graz. Dabei konnte festgestellt werden, dass sich in der Weststeiermark bereits eine kräftige Gewitterzelle gebildet hatte. Da wird damit rechneten, dass die Zelle stark nach Süden ausscheren würde, brachen wir direkt über die A9 in Richtung Süden auf.

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Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Die Zelle verstärkte sich und machte das, was wir erwarteten – sie scherte stark nach rechts aus:

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Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Für uns ging es bis St. Veit am Vogau bei immer wieder stockendem Verkehr auf der A9 zäh dahin. Endlich am Zielort angekommen, konnten wir die Wallcloud der kräftigen „Weststeiermark-Superzelle“ dokumentieren (kurz nach 15:00 Uhr, Blickrichtung W):

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Die Zuggeschwindigkeit der Superzelle war hoch, deshalb verloren wir keine Zeit und fuhren rasch weiter Richtung Süden. Den nächsten Halt gab es bei Pesnica, etwas nördlich von Maribor. Die Zelle zeigte dabei nach wie vor geniale Strukturen, auch wenn die Aufwind-Basis samt Wallcloud zu diesem Zeitpunkt etwas „rain-wrapped“ war (Kurz nach 15:30 Uhr, Blickrichtung NW):

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Auch hier setzte Schirmregen ein, daher ging es weiter nach Süden auf die nordwestliche Seite des Airports Maribor. Der Aufwindbereich und die Wallcloud der Superzelle setzen dabei auf das Pohorje-Gebirge auf. Nicht das erste Mal, dass wir das beobachten konnten, aber es ist immer wieder spannend, was dadurch mit dem Aufwind passiert (ca. 15:50 – 16:00 Uhr, Blickrichtung NW):

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Die Zelle umkurvte den Pohorje erfolgreich. Wenn man das Radar genau beobachtet, erkennt man, dass durch die Berge die Zelle sogar kurzzeitig Richtung Südwesten zog. Dazu waren die Radarsignaturen enorm:

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Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Für uns war nun der Zeitpunkt einer Entscheidung gekommen. Wir fuhren über die A1 an der Superzelle im Norden liegend vorbei bis Slovenska Bistrica (Sever), von dort auf der Landesstraße etwas weiter südlich über Pragersko und Kidričevo nach Ptuj:

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Quelle: Google Maps (Pfeile: eigene Bearbeitung; https://www.google.at/maps/dir/Ptuj/Flu ... entry=ttu=)

Damit schafften wir es, im US-Style den Aufwind der Zelle zweimal zu „intercepten“. Auf der Landesstraße nach Pragersko wagten wir den nächsten Fotostopp (ca. 16:20 Uhr, Blickrichtung N):

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Kurz vor Kidričevo. Die Superzelle war nach wie vor sehr stark (ca. 16:35 Uhr, Blickrichtung NW):

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Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Wir fuhren bis Ptuj (PT) weiter und ließen uns dort unter dem schützenden Dach einer Tankstelle überrollen. Ein letztes Bild von Scud-Clouds bzw. Pannus-Wolken im Aufwind (ca. 16:50 Uhr, Blickrichtung S):

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Nach Abzug der Superzelle (in Ptuj gab es „nur“ Starkregen und einige, nähere positive GCs, die das Auto haben rütteln lassen 😊 ) fuhren wir über die A4 zurück zum Airport Maribor. Dort konnten wir in einem schmalen Streifen (nur wenige hunderte Meter breit) massive Schäden dokumentieren. Felder und Parkplätze standen unter Wasser, größere Äste von Bäumen wurden abgerissen, der Mais war zerstört und Hagelschloßen mit Korngrößen von 4 - 5cm ca. eine Stunde nach dem Durchzug!

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Der Cb der abziehenden Superzelle war enorm, im Vordergrund die überschwemmten Parkplätze (17:45 Uhr, Blickrichtung SE):

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Die abziehende Zelle im Radar:

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Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Auf der Heimfahrt hielten wir noch einmal bei Pesnica (Maribor). Dort sahen wir im Norden eine Multizelle mit teilweise organisierten Aufwinden und Asperitas-Strukturen (kurz nach 19:00 Uhr, Blickrichtung N):

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Dort trafen wir dann zufällig den slowenischen Stormchaser Kristijan Cizerl (Neurje.si bzw. ZEVS). Wir unterhielten uns über den massiven Unwettertag sowie über die kommenden Schwergewitterlagen).

Never Stop Chasing!
Liebe Grüße, Johannes,
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KanatschnigHubert
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Samstag 8. Juni 2024, 12:42

War das erste Unwetter mit großen Hagel bei uns in Österreich dieses Jahr. Super Bilder, danke fürs zeigen.
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Feli
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Samstag 8. Juni 2024, 18:28

warum sind die schönsten zellen immer auch gleich so schadensträchtig... *seufz*
aber das geht halt beim wetter nicht - nur schön ohne schaden gibts ned so oft...
vielen dank für deinen/euren bericht!
liebe grüsse
(die) Feli
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Dustdevil
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Samstag 8. Juni 2024, 22:25

Grandioser Bericht!
LG Gerald

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hhkes
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Samstag 8. Juni 2024, 22:39

Hallo:
Hier eine vorläufige Schadensanalyse, österreichischer Teil:

ESWD-Hagelmeldungen (Quelle: https://eswd.eu):

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Es flog zwar eine "Armada" von 4 Hagelfliegern, konnte aber gegen die gewaltige Superzelle natürlich nichts ausrichten (Quelle: www.flightradar24.com):

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Im Bereich Gleinstätten - St. Martin im Sulmtal fielen Hagelschloßen bis zu einem Durchmesser von 6 cm :!: Dabei kam es auch zu schweren Gebäudeschäden :!:

Bilder aus Gleinstätten (Quelle: Gert Rossegger via ESWD):

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Bild aus Graschach (nur etwa 1 km südwestlich von Gleinstätten), aufgenommen von Michael Pölzl (via ESWD):

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Bild aus St. Martin im Sulmtal, aufgenommen von Drago Kogelnik (via neurje.si):

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Die lokalen Feuerwehren hatten leider sehr viel zu tun, mussten zahleiche beschädigte Hausdächer mit Planen abdecken (Quelle: www.fireworld.at):

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Die landwirtschaftlichen Schäden belaufen sich auf fast 2 Mio. Euro (https://steiermark.orf.at/stories/3260362/) :!:

LG, Harald
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hhkes
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Samstag 8. Juni 2024, 23:45

Hallo:
Hier eine vorläufige Schadensanalyse, slowenischer Teil:

ESWD-Hagelmeldungen (Quelle: https://eswd.eu):

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Im Anschluss an den österreichischen Teil setzte sich der Hagelzug über die Slovenske gorice fort und schwächte sich anschließend über dem Pohorje-Gebirge etwas ab. In weiterer Folge brach die SZ jedoch ins Dravsko Polje ein, wobei die Hagelgröße wieder zunahm und - wie im österreichischen Teil - neuerlich mindestens 6 cm Durchmesser erreichte :!: Der Großhagel begann an den Abhängen des Pohorje wenige Kilometer südlich von Maribor und endete erst etwa 20 Kilometer später im Raum Apače - Lovrenc na Dravskem Polju (etwas südlich von Kidričevo) :!: Mit zunehmend kleinerem Hagel zog die Superzelle in weiterer Folge bis in den Raum Varaždin.

Blick auf die Superzelle von Pragersko aus (Quelle: Dani Majer via neurje.si):

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Massiver Hagel bereits an den Abhängen des Pohorje (Pivola/Hoće; Quelle: Andrej Vražić via neurje.si)

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Großhagel im Dravsko Polje, Bilder aus Orehova vas (Quelle: Nataša Špiljak, oben), Hotinja Vas (Quelle: Janja Glavar, Mitte), Kidričevo (Quelle: Mateja Honomihl, unten), alle via neurje.si:

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Es kam auch in Slowenien zu massiven Sachschäden, hier z.B. an einem Auto (Quelle: Andrejka Košir via neurje.si)

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LG, Harald
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Feli
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Sonntag 9. Juni 2024, 05:34

das sind ja riesen hagelkörner! *huch*
dass es da nicht ohne schäden geht ist leider traurig...
liebe grüsse
(die) Feli
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Helmut Graz
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Sonntag 9. Juni 2024, 09:28

Danke für den tollen Bericht, ich habe Bekannte in Kidricevo, habe auch gewarnt, aber leider konnten sie den Arbeitsplatz nicht verlassen und die zu Hause abgestellten Autos weisen massive Hagelschäden auf.
lg Helmut Kalsdorf b. Graz
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