Am 13.07.2016 jagte das Chasingteam SE von Skywarn Austria eine massive HP-Superzelle in den Plains von NE-Slowenien (viewtopic.php?f=6&t=22829). Am Tag genau acht Jahre später, nämlich am 13.07.2024, kam es erneut zu einem historischen Unwetter-Outbreak bei unseren südlichen Nachbarn.
Bereits seit Tagen hatten wir den Samstag als potenziellen Unwettertag im Auge. Das Team von Neurje.si schrieb bereits am Donnerstag von einem möglichen Ausbruch schwerer Gewitter im Grenzgebiet Österreich – Slowenien. Die Modelle und Vorhersagen wichen aber ziemlich voneinander ab. Klar war, dass sich auf jeden Fall Gewitter bilden würden. Entweder sollte es bei einer Multizellen-Straße von Slowenien bis in den Osten Österreichs bleiben oder es würde sich sogar eine ausscherende Superzelle am Südrand bilden.
Wir trafen uns bereits frühzeitig gegen 14 Uhr in der Nähe von Graz. Aufgrund der vielen Mitfahrenden teilten wir unser Chasingteam SE auf – Georg Pistotnik (GSA, ESTOFEX) und ich bildeten das Chasingteam 1; Papa Harald (@hhkes), Thomas (Pf) und meine beiden Nichten Aria und Ylva bildeten das Chasingteam 2.
Nach Sichtung der aktuellen Karten war klar – das Ziel musste Slowenien sein. Chasingteam 2 hatte etwas Vorsprung und eilte in Richtung Süden, wir waren etwas dahinter. Die Zelle hatte sich doch weiter südlich als erwartet gebildet, bei Celje (CE) hab es eine erste Zelle, die am Radar einen organisierten Eindruck machte und auch etwas in Richtung Osten auszuscheren schien:

Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)
Georg und ich fuhren direkt durch bis Ptuj (PT). Dort erreichten wir um 16:00 Uhr den Strand an der Drau. Vor unseren Augen entwickelte sich eine lehrbuchartige klassische Superzelle:

Die Zelle war aufgrund der hohen Feuchtigkeitswerte und der dunstigen Luft noch nicht optimal zu erkennen. Dennoch waren die Strukturen imposant, der Aufwindturm war bereits kräftig ausgebildet:

Das „Mutterschiff“ näherte sich, ein straffer Inflow-Wind aus SE kam auf und verstärkte sich. Die Mesozyklone bildete eine große Wallcloud aus, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht richtig zu erkennen war. Die Wolkengrenze im Vordergrund zierte zu diesem Zeitpunkt eine Shelfcloud. Sehr beeindruckend war der windschief rotierende Aufwindturm. Man konnte die Quellungen mit freiem Auge wachsen sehen:

Begeistert von der Superzelle waren auch die slowenischen Stormchaser-Kollegen. Wir trafen u.a. Matej Štegar, Kristijan Cizerl, Gregor Božič und Amadej Krepek von den slowenischen Vereinen „ZEVS“, „Neurje.si“ und „Meteoinfo Slovenija“. An dieser Stelle sei die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Skywarn Austria und den slowenischen Stormchaser-Vereinigungen erwähnt – fast bei jeder potenziellen Lage in unserem Gebiet schreiben bzw. telefonieren wir mit unseren Kollegen aus Slowenien und besprechen die Lage.

Der Aufwindturm war gigantisch:

Langsam veränderte sich die Struktur etwas, da die Zelle näherkam. Die Wallcloud unter der Mesozyklone wurde sichtbar:




Horseshoe-Funnelcloud sowie die verschiedenen geschliffenen Plates der Superzelle:

Die Zelle kam immer näher. Die Absenkung in der Mitte des Bildes unter der Wallcloud ist mir erst im Zuge der Bildbearbeitung aufgefallen. Die Rotation war auf jeden Fall stark, bei Scherungswerten von 10 m/s 0-1 km und 15-20 m/s 0-6 km wäre die Bildung eines Tornados bei dieser Superzelle nicht unmöglich gewesen.


Der Anblick war fesselnd. Dennoch war nach nur 15 Minuten Schluss mit Fotos machen, denn die Zelle näherte sich rasch und eine Kontaktaufnahme mit dem Rear Flank Downdraft bzw. mit dem Downburst war bei diesem Aufwindturm nicht empfehlenswert:


Quelle: Kachelmannwetter.at (https://kachelmannwetter.com/at/stormtr ... 1420z.html)
Die Chaser brachen alle fluchtartig nach Osten auf. Entlang der Bundesstraße nach Ormož kam richtiges US-Feeling auf. Die mächtige Superzelle im Rücken und die vier Chasingteams, die sich aufgrund unterschiedlicher Foto-Stopps immer wieder gegenseitig überholten – einfach nur verrückt.
Gegen 16:30 Uhr hielten wir etwas östlich von Ptuj kurz an. Die Zelle sah bedrohlich aus und der Abstand war nicht mehr als „Komfortzone“ zu bezeichnen:


Nächster Halt um 16:40 Uhr. Die beiden Superzellen, denn es haben sich im Laufe der Zeit dann zwei Zellen gebildet, fusionierten und bildeten eine Squall line (Böenfront). Die Zacken der Böenwalze waren eindrucksvoll:


Weiter in Richtung Osten, der nächste Halt gegen 16:50 Uhr gemeinsam mit Chasingteam 2. Aufgrund der strukturellen Änderungen der Zelle (Superzelle zu Böenfront) und verminderten Aufwind- und verstärkten Abwinddynamik wurde die Zelle outflow-dominant. Der Outflow wehte weit voraus in den Osten und sorgte dabei für einen ordentlichen Staubsturm sowie einen Gustnado (leider nicht am Bild):

Wir fuhren danach weiter nach Kroatien, etwas südlich von Varaždin ließen wir die Zelle im Norden vorbeiziehen. Danach berieten wir kurz, aufgrund der Neuentwicklungen bei Celje fuhren wir aber relativ bald wieder zurück bis Ptuj. Am Rückweg konnten wir einige Sturm- und v.a. Hagelschäden dokumentieren – Schadensbilder werden sich im zweiten Bericht angeführt.
Wieder am Strand von Ptuj angekommen, zeigte sich eine wunderschöne Multizellen-Straße vor uns (ca. 19 Uhr). Aufgrund der hohen Feuchtigkeitswerte waren die Konturen gut zu sehen und es bildeten sich immer wieder Scud-Clouds oder Pannus-Wolken:

Meteorologisches Schauspiel: Eine „mini-supercell“:

Traumhafte Abendstimmung:

Dann bildetet sich im SE sogar noch eine LP-Superzelle:


Vorlaufende Zellen im Südosten entwickelten sich in der Zwischenzeit auch weiter. Die Rückseite zeigte schöne Quellungen und Aufwindtürme. Cb:


Mit diesen wunderschönen Bildern ging ein gewaltiger Chasingtag im SE zu Ende. Leider gab es im Zuge der ersten beiden Superzellen große Schäden. Hagel bis 10 cm Durchmesser wurde gemeldet. Für alle Betroffenen ist es natürlich sehr schlimm, die slowenischen Chasingteams gaben ihr Bestes, um die Bevölkerung frühzeitig zu warnen.
Never Stop Chasing.