Letzten Sonntag bis Montag wollten der Stefan und ich unbedingt das wunderschöne Wanderwetter ausnützen.
Da er schon immer mal den Obersee im Morgen- und Abendlicht fotografieren wollte und ich immer schon mal eine Besteigung des Dürrenstein (1878 m) in Betracht gezogen hatte, war das Ziel schnell beschlossen.
Da sich in dem Gebiet auch das Grünloch, wo bisher mit -52,6°C die tiefste in Mitteleuropa gemessene Temperatur aufgezeichnet werden konnte http://img.univie.ac.at/fileadmin/user_ ... pichal.pdf" onclick="window.open(this.href);return false; , und andere kalte Dolinen befinden, wollte ich dies auch gleich mit einer Minimumtemperaturmessung während der Nacht verbinden.
Schließlich war die windarme Wetterlage ideal für eine starke Abkühlung während der Nachtstunden.
Am ersten Tag ging es am Nachmittag zuerst mal mit Zelt, viel Essen und Trinken bis zum Obersee.
Unser Zeltplatz sollte nicht direkt beim See am tiefsten Punkt liegen, da wir annahmen, dass es in der Nacht dort sehr frisch werden könnte (auch wenn es tagsüber sehr warm war, die 850er hPa Temperaturen lagen immerhin deutlich über 10°C).
So wählten wir einen Platz im Wald etwa 15 m über dem Seespiegel.
Nach Aufbau des Zeltes wanderen wir über eine Forststraße noch zur etwa 300 Höhenmeter weiter oben gelegenen Doline "Seekopfalm", welche laut einem Messprogramm der Universität Wien (siehe Link oben) ebenfalls sehr tiefe Temperaturen aufweisen kann.
Herbstlichter Wald am Weg zur Seekopfalm:

Die Doline auf der Seekopfalm ist zwar nur etwa 25 m tief, weist aber in Strahlungsnächten annähernd die gleichen Tiefsttemperaturen auf wie das Grünloch.
Hier ein Bild von der Doline wo wir dann die Thermometer postiert haben:

Schon um etwa 5 Uhr am Abend hatte es dort in 5 cm nur mehr 3°C, wir waren schon gespannt wie tief die Temperaturen in der Nacht wohl noch senken wird. Am nächsten Tag war auf jeden Fall die Abholung der Thermometer geplant.
Später gingen wir wieder zum Obersee zurück und genossen noch das Abendlicht am See.
Die Nacht war bis auf ein paar röhrende Hirsche, quakende Enten und sonstigem Getier ziemlich ruhig.
Die nächsten menschlichen Wesen waren doch 1 1/2h Fußmarsch entfernt.
Am nächsten Morgen konnte ich in der Früh bei unserem Zeltplatz 6°C am Thermometer ablesen. Wir gingen dann zum See runter um die Morgenstimmung einzufangen und zu Frühstücken.
Der See lag noch im Schatten, weiter oben lagen die Berghänge schon im Sonnenlicht. Spiegelung der sonnenbeschienenen Hänge im See:

Die Überlegung unseren Zeltplatz nicht direkt beim See zu errichten hatte sich als richtig erwiesen. Neben dem See gab es nämlich sogar etwas Reif.
An und für sich steh ich ja auf kalte Temperaturen, aber wenn ich draußen zelte muß es ja nicht grad ganz so frisch sein




Ganz leichter Wind erzeugte ein paar kleine Wellen die die Spiegelungen des herbstlichen Bergwaldes im See wie ein Gemälde von einem Künstler aussehen ließen:

Anschließend wanderten wir in Richtung des Gipfel des Dürrensteins. Hier ein Bild Richtung Gipfel von der Herrenalm aus gesehen:

Rückblick zum Obersee:

Auf etwa 1800 m stießen wir auf die Große Schneegrube, eine der schönsten und größten Dolinen die mir bisher untergekommen sind:

Reinfallen wäre nicht ratsam gewesen, das Loch war 20, 30 m tief und raus wäre man wohl auch nicht mehr gekommen. Ganz unten lag sogar noch etwas Schnee vom letzten Winter


Schließlich erreichten wir den Gipfel von dem wir einen traumhaften Ausblick in alle Richtungen hatten.
Die Fernsicht war so gut, dass man vermutlich sogar einen Berg mit Gletscher in den Hohen Tauern sehen konnte (zumindest war irgend ein weißer Gipfel in diese Richtung zu sehen).
Panorama vom Sengsengebirge im Westen über das Waldviertel im Norden bis zum Ötscher und Schneeberg im Osten:

Vom Hochschwab über die Ennstaler Alpen mit dem Gesäuse und die Niederen Tauern zu den Haller Mauern und Totes Gebirge:

Ötscher, Schneeberg, Rax und Hochschwab:

Gesäuse, davor das Hochkar:

Nach einer längeren Rast in der für Anfang Oktober sehr warmen Mittagssonne (trotzdem gab es dort oben im Schatten sogar noch bißchen Reif, die Luft war halt wirklich trocken) wanderen wir weiter Richtung Ybbstaler Hütte.
Immer wieder gab es Dolinen und Latschenfelder zu umgehen. Die Gegend gefiel mir auf jeden Fall sehr gut, hatte sie doch teilweise typisches Kalkplateaucharakter.

Karstformen:

Von der Ybbstaler Hütte ging es dann schließlich weiter zum Grünloch, wo es dank Sonneneinstrahlung ziemlich warm war. Der Ort mit den tiefsten gemessenen Temperaturen in Mitteleuropa:
Grünloch:

Vom Grünloch bis zur Seekopfalm, wo wir unsere Thermometer postiert hatten war es dann nur mehr ein kurzes Stück (bzw. eine Überwindung von etwa 150 Höhenmeter). Ich war schon sehr gespannt wie tief die Temperatur dort in der Nacht wohl gefallen sein mochte.
Als ich dann die Werte an den Thermometern ablesen konnte, war ich dann doch sehr überrascht wie kalt es wirklich geworden war.
Wir hatten zwar nicht in 2 m Höhe gemessen sondern in etwa 50 cm und 5 cm Höhe, aber selbst in 2 m wars wohl nicht warm



Der Sensor in 5 cm hatte also -11°C aufgezeichnet und auch die anderen beiden in etwa 50 cm Höhe noch immer -9 beziehungsweise -10°C! Und das bei 850er Temperaturen von über 10°C.
Da wäre wohl eine Begehung der Doline in der Früh sehr interessant gewesen, wenn man den extremen Temperaturgradienten auf wenige Metern hautnah miterleben hätte können

Anschließend wanderen wir wieder zum Obersee runter wo wir unser Zelt abbauten. Hier noch ein Bild vom Schlafplatz:

Nach weiteren 1 1/2h kamen wir dann endlich im Tal beim Lunzer See an. Es war eh schon Zeit da die Dämmerung schon eingesetzt hatte.
Nach einer Wegstrecke von mind. 41 km und fast 2000 Höhenmetern in 2 Tagen waren wir auch schon ziemlich fertig und endlich froh wieder in der Zivilisation zu sein.
lg, Mani