Quelle: http://derstandard.at/1304552836801/Deu ... he-fuehrenDeutsche Studie: Großflächiger Stromausfall würde binnen Tagen zu "nationaler Katastrophe" führen
29. Mai 2011, 17:35
Deutsche Forscher legen Bericht über "Verletzbarkeit moderner Gesellschaften" vor
Karlsruhe - Wir kennen die - großteils schwarzen - Bilder von großflächigen Stromausfällen: Sei es zuletzt aus Japan oder auch aus dem Osten der USA und Kanadas, beim großen "Northeast Blackout" von 2003. Vergleichbare Szenarien sind auch in Europa möglich, in kleinerem Ausmaß gab es sie immer wieder. Welche katastrophalen Folgen ein Mega-Stromausfall hätte, zeigen Forscher des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in der Studie "Gefährdung und Verletzbarkeit moderner Gesellschaften - am Beispiel eines großräumigen und langandauernden Ausfalls der Stromversorgung", die in Berlin vorgestellt wurde.
Beispiele
"In den letzten Jahren haben Stromausfälle in Europa und Nordamerika einen nachhaltigen Eindruck von der Verletzbarkeit moderner Gesellschaften gegeben", erläutert Studienleiter Thomas Petermann vom KIT die Ausgangslage. So wurde aufgrund des Stromausfalls im kanadischen Ontario im August 2003 für eine Woche der Notstand ausgerufen. Im deutschen Münsterland war im November 2005 eine Viertelmillion Menschen bis zu sieben Tage vom Stromnetz abgeschnitten. Damit einher gingen der Ausfall von Haushaltstechnik wie Telefon, Heizung und Fernsehen sowie Versorgungsengpässe bei Nahrung und Wasser.
Obwohl die Unterbrechung der Stromversorgung allenfalls einige Tage andauerte und begrenzt auftrat, zeigten sich massive Funktions- und Versorgungsstörungen, Gefährdungen der öffentlichen Ordnung sowie Schäden und Produktionsausfälle in Milliardenhöhe. Bei einem großflächigen und länger andauernden Stromausfall wäre eine Potenzierung dieser Effekte mit dramatischen Konsequenzen zu erwarten.
Die Ergebnisse
Im Ernstfall würde laut Studie bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen zusammenbrechen. Ein Stromausfall würde die sofortige Unterbrechung der Kommunikation via Telefon und Fernsehen bedeuten, die Produktion in Betrieben läge still. Wenn nach einigen Stunden auch die Batterien leer sind und die Notstromaggregate keinen Kraftstoff mehr hätten, wären auch Handys unbrauchbar und in Krankenhäuser die Intensiv- und Dialysestationen kaum noch zu betreiben.
Die öffentliche Sicherheit wäre ernstlich gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen laut den KIT-Forschern einer nationalen Katastrophe gleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht beherrschbar, allenfalls zu mildern.
Die Konsequenzen
Die Experten erklärten daher, es seine weitere Anstrengungen auf allen Ebenen erforderlich, um die Durchhaltefähigkeit der kritischen Infrastrukturen kurz- und mittelfristig zu erhöhen sowie die Kapazitäten des Katastrophenmanagements weiter zu optimieren. Der Stromausfall als ein Paradebeispiel für Schadenswirkungen, die sich kaskadenförmig fortpflanzen, sollte deshalb auf der Agenda der Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft weiterhin hohe Priorität haben. (red)
Der Link zum PDF: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/056/1705672.pdf