Tornados und andere Wirbelwinde

Ein Tornado ist ein kleinräumiger und meist kurzlebiger, vertikal stehender Wirbel. Maßgebliches Kennzeichen ist ein in der Regel gut sichtbarer Wolkenrüssel, dessen Form an einen Trichter oder in selteneren Fällen auch an einen Elefantenfuß erinnert.

Die meisten Tornados haben ihre Entstehung der Bildung aus superzellenartigen Gewittern zu verdanken, es gibt aber auch noch weitere, nicht bei Superzellen entstehende Arten von Tornados. Kennzeichnend für Tornados ist der enorme Luftdruckabfall im Inneren des Tornados, hier sind Druckdifferenzen von 50 bis hinauf zu 100 hPa möglich. Damit verbunden stehen hohe Windgeschwindigkeiten.Tornados sind verantwortlich für die höchsten je auf der Erdoberfläche gemessenen Windspitzen, Werte bis über 500 km/h wurden bereits registriert.

Im Bereich des Tornados treten neben den hohen Rotationsgeschwindigkeiten auch noch große Vertikalgeschwindigkeiten auf. Entlang der Zugbahn, welche der Tornado im Laufe seines Wirkungszeitraums zurücklegt, bleibt eine Schneise der Verwüstung und Zerstörung zurück. Starke Tornados sind sogar in der Lage Häuser zu sprengen (mehr dazu unter physikalische Eigenschaften) und auch Autos in die Höhe zu wirbeln und all dies über weite Strecken zu transportieren.

Tornado der Kategorie F2, aufgenommen 1966 in Litschau (nördliches Waldviertel) © www.tordach.org

Aussehensformen von Tornados

Bedingt durch den großen Luftdruckabfall im Inneren des Tornados verglichen zu dessen umgebenden Luftmassen (nähere Informationen unter physikalische Eigenschaften) besteht ein Tornado aus auskondensiertem Wasserdampf, also kleinen Wassertröpfchen.

Seine Erscheinungsfarbe ist direkt vom Erdboden, welchen er beim Touch-Down (= Bodenkontakt der Luftsäule) hält, abhängig. Durch kräftige aufwärts gerichtete, vertikale Luftströmungen nimmt ein Tornado Staub, Erdpartikel, Laub etc. auf und bringt sie in die Höhe. So kann ein Tornado manchmal weiß-grau (kein Erdmaterial vorhanden, z.B. bei Wiesenuntergrund, demnach hauptsächlich nur Wasserdampf), rötlich oder braun (vorwiegend durch Erde verfärbte Wassertröpfchen) oder in manchen Fällen sogar großteils durchsichtig (besonders schwache Tornados kondensieren oft nicht aus) sein.

Auch die umgebenden Lichteinfälle haben einen Einfluss auf die Erscheinungsfarbe, bei direktem Sonneneinfall auf den Tornado kann dieser ein sehr helles Grau annehmen, gegensätzlich dazu erscheint der gleiche Tornado auch pechschwarz, wenn er durch mächtige Quellwolken vom Sonnenlicht abgeschattet wird.

Abgesehen von den verschiedenen möglichen Farben sind auch viele unterschiedliche Formen möglich. Es gibt hauchdünne (oft nur wenige Zehnermeter breite), zerbrechlich aussehend wirkende Luftsäulen genauso wie mächtige, manchmal über einen oder mehrere Kilometer breite Wirbel („Wedge Tornado“). In manchen Fällen dominiert im Längen/Breiten – Verhältnis die Länge (= Höhe des Tornados vom Erdboden bis hinauf zur Wallcloud, über die der Tornado mit dem zugehörigen Gewitter verbunden ist), in anderen Fällen kann der Tornado auch breiter als hoch sein, man spricht eben dann von einem Wedge-Tornado.

Einige Tornados, hauptsächlich die erstgenannten, dünneren Exemplare, können abstrakte Formen annehmen, riesige Schleifen ausbilden, sich wie Würmer winden, an manchen Stellen auch Verdickungen im Wirbel aufweisen. Auch das Ausbilden von Knickstellen ist hier möglich.

Physikalische Eigenschaften von Tornados

Der Durchmesser eines Tornados ist stark variabel, genauso wie seine Windgeschwindigkeiten. Der Durchmesser kann zwischen wenigen Metern bis hinauf zu über einem Kilometer anwachsen, in den meisten Fällen weist ein Tornado aber einen Durchmesser von ca. 100 Metern auf.

Die Windgeschwindigkeiten können Werte über 150 m/s erreichen, das entspricht rund 540 km/h. Mit diesen außergewöhnlich hohen Rotationsgeschwindigkeiten ist der Tornado der energiereichste Wirbel, der in Bodennähe auf der Erde auftritt, damit verbunden steht ein enormes Zerstörungspotential. Die enormen Rotationsgeschwindigkeiten bewirken eine Luftdruckabnahme um bis zu 100 hPa im Rüssel im Vergleich zur Umgebung, sodass ein Tornado in der Lage ist, Häuser zu sprengen.

Ein kleines Gedankenexperiment erklärt diesen Effekt: Geht der Luftdruck im Inneren des Tornados um 50 hPa zurück, dann greift an einer waagrecht ausgerichteten Dachfläche von 100 m² eine Kraft von 50 Tonnen an, welche in der Lage ist, das Dach abzuheben und die Fenster bersten zu lassen, Je kräftiger ein Tornado, desto lauter macht er auf sich aufmerksam. In der Nähe eines Wirbels kann man ein manchmal sogar ohrenbetäubendes Röhren vernehmen.

Neben den kreisförmig orientierten Rotationsbewegungen der Luftmassen existiert noch eine weitere Zahl an zusätzlichen Luftströmungen. Diese sind so kompliziert aufgebaut, dass es bis heute noch nicht vollständig möglich war, sie alle zu bestimmen. Bekannt ist jedoch, dass im Inneren des Tornados sehr starke aufwärts gerichtete, vertikale Luftströmungen auftreten, welche im bodennahen Bereich Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h erreichen können, wodurch diese in der Lage sind, Autos, Hausdächer, Lastkraftwagen und sogar Lastkraftwagen hochzuheben und über beachtliche Wegstrecken zu verfrachten.

Der Tornadoschlauch berührt die Erdoberfläche manchmal nur wenige Sekunden, um sich danach sofort wieder in die Wallcloud zurückzuziehen, bei besonders schweren (heftigen) Tornados kann der Bodenkontakt auch bis zu zwei Stunden lang bestehen. Im Durchschnitt wird eine Zeitdauer von rund 10 Minuten registriert.

Abhängig von der Zeitdauer, die der Tornado Bodenkontakt hat, ist die Länge seines Zerstörungspfades. In der Regel beträgt diese nur wenige Kilometer, bei schweren Tornados mit besonders langem Bodenkontakt und schneller Fortbewegungsgeschwindigkeit (diese hängt direkt mit der Geschwindigkeit der Höhenströmungen der Gewitterwolke zusammen, denn der Tornado stellt ein „Anhängsel“ des Gewitters dar und ist gezwungen, sich mit diesem zu verlagern) sind aber auch Schneisen mit weit über 100 Kilometern erreichbar.

Wichtig: In den meisten Fällen ist die Breite der Schneise von der Intensität des Tornados abhängig, man darf sich jedoch nicht drauf verlassen, dass ein besonders dünner Tornado direkt mit niedrigen Windgeschwindigkeiten und ein sehr breiter Tornado mit dementsprechend hohen Geschwindigkeiten zu verbinden ist. Es besteht kein direkter Zusammenhang zwischen Tornadobreite und auftretender Windgeschwindigkeit der rotierenden Luftmassen. Meist ist aber so, dass besonders kräftige Tornados auch die breitesten Zerstörungsschneisen aufweisen.

Im Lebenszyklus eines Tornados kann die Breite der Schneise durchaus schwanken, man kann anhand der aufgetretenen Schäden Rückschlüsse auf die verursachten Windgeschwindigkeiten ziehen. So ist es möglich, dass ein Tornado als F2 beginnt (näheres zu den Klassifizierungen siehe Tornadoskalen), dann an Stärke gewinnt, als F4 übers Land zieht und kurz vor seinem Ende wieder zu einem F2 wird. Damit verbunden kann dann durchaus auch die Breite der Zerstörungsschneise sein.

Abschließend noch ein paar Worte zur Rotationsrichtung von Tornados. Ein Tornado kann sowohl linksherum (antizyklonal) als auch rechtsherum (zyklonal) rotieren. Die meisten Tornados rotieren jedoch zyklonal (rund 95 Prozent), weil sie in Verbindung mit einem rotierenden Gewitter stehen, auf welches die sog. Corioliskraft einen Einfluss hat. Diese wirkt zwar auf jeden Körper, dessen Bewegung in einem rotierenden Bezugssystem beschrieben wird, jedoch in zunehmendem Ausmaß mit der steigenden Größe des Körpers. Da Superzellen einen ausgeprägten Rotationsbereich aufweisen, von dem der Tornado nur einen kleinen (den untersten) Teil darstellt, wirkt die ablenkende Corioliskraft trotzdem indirekt auf ebendiese.

Entstehungsbedingungen und Tornadoentwicklung

Besonders von Amerika her scheinen die Entstehungsbedingungen recht einfach gestrickt. Dort entwickeln sich fast alle Tornados aus Superzellen. Vorausgesetzt wird hier für Gewitter, um Tornados hervorbringen zu können, dass drei verschiedene Luftmassen in den richtigen Regionen auftreten:

Extrem feuchte und heiße Luft aus dem Golf von Mexiko, begleitet von ebenso warmer bzw. heißer Luft aus den Wüstenbereichen des Südwestens der USA sowie kalte und trockene Luftmassen in großen Höhen, welche von Kanada ausgehend Richtung Süden bewegt. Diese Wettersituation kann sich aber nur in Nordamerika auf diese Weise abspielen, denn nur dort sind die Gebirge so ausgeprägt Nord – Süd orientiert, wie nirgendwo sonst auf dieser Erde.

Besonders in Mitteleuropa stellen die Alpen ein großes Hindernis dar, welche mit ihem Alpenhauptkamm quer zu den Luftmassen aus dem Süden (feucht – warm) bzw. dem Norden (in den Idealfällen trocken und kalt) positioniert sind.

Eine exakt identische Tornadoentwicklung wie im Mittleren Westen der USA ist demnach in Europa nicht möglich. Vielmehr werden folgende Komponenten benötigt: Auch heimische Tornados sind auf eine Zufuhr von sehr instabilen und feuchten Luftmassen angewiesen (Warmluftadvektion) sowie den Zustrom kühlerer Höhenkaltluft vom Atlantik her. Hinzu kommt noch starke vertikale Windscherung. Im Grunde ähneln diese Entstehungsbedingungen stark jenen in den USA, jedoch gibt es weniger Wetterlagen in Mitteleuropa, wo diese Bedingungen ausreichend erfüllt werden. Das erklärt, warum Tornados in Mitteleuropa seltener sind als in den USA.

Jedoch entwickeln sich in Mitteleuropa und damit auch in Österreich nicht nur aus superzelligen Gewittern, sondern auch entlang von nicht gewittrigen Schauerlinien, man spricht in diesem Fall von Typ II – Tornados, wenn sich diese z.B. entlang von Konvergenzlinien entwickeln.

Typ II Tornado bei Atzenbrugg (nähe Tulln), aufgenommen am 11.5.2009 © Franz Heuer, www.brucha.com

Auftreten von Tornados in Österreich

Wie bereits erwähnt beschränken sich Tornados in ihrem Auftretungsbereich nicht nur auf die Vereinigten Staaten von Amerika (die klassische Tornado Alley), sondern treten genauso auch in Mitteleuropa auf. Besonders oft betroffen sind die Küstenregionen von Norddeutschland (dort hauptsächlich über Wasser, die Tornados werden dann auch als Wasserhosen oder Waterspouts bezeichnet), die Norddeutsche Tiefebene, die Bodenseeregion und auch Großbritannien.

Doch auch in Österreich treten immer wieder Tornados auf. Derzeit wird für Österreich von einer jährlichen Tornadoanzahl von zehn Stück ausgegangen. Die meisten der auftretenden Tornados sind schwach, sie kommen über die Klassifizierung F0 bzw. F1 nicht hinaus. Alle ein bis zwei Jahre treten aber auch stärkere Tornados auf, welche die Kategorie F2 nach Ted Fujita erreichen. Wesentlich seltener, aber durchaus auch möglich, sind noch kräftigere Tornados der Kategorie F3, diese treten alle fünf bis 10 Jahre auf österreichischem Boden auf. Noch stärkere Tornados wurden abgesehen von einem einzigen historischen Fall bis jetzt noch nicht in Österreich aufgezeichnet:

Der bisher heftigste Tornado in der jüngeren Geschichte ereignete sich in Wiener Neustadt im Juli 1916, es handelte sich um einen Tornado der Kategorie F4, wobei diese Windgeschwindigkeiten nur in einem kurzen Abschnitt der Schadensbahn nachgewiesen werden konnten. Der Tornado hinterließ eine traurige Bilanz, 32 Tote und Hunderte teils schwer verletzte Personen. Mit Abstand am häufigsten treten Tornados in der Südoststeiermark auf, gefolgt vom westlichen Oberösterreich und dem Wiener Becken.

Selbst im Hochgebirge sind Tornados, wenn auch unwahrscheinlich, so dennoch möglich. Man muss mit einer doch beachtlichen Dunkelziffer an unbekannten Tornadoereignissen rechnen, was in der derzeitigen Statistik erhebliche Veränderungen bewirken könnte.

Tornadoarten und tornadoähnliche Erscheinungen

Hier erfolgt eine Diskussion der im Deutschen verwendeten Begriffe für atmosphärische Wirbelphänomene. Leider kommt es in diesem Bereich häufig zu Verwechslungen, die meist von dem heutzutage schwammig verwendeten Wort „Windhose“ herrühren.

Medien, Öffentlichkeit und zum Teil auch Meteorologen bezeichneten in den letzten Jahrzehnten erfahrungsgemäß nahezu alle kleinräumigen, wirbelnden, schadenbringenden Windphänomene als „Windhosen“. Oftmals werden die sich einander durchaus ähnelnden Phänomene TornadoFunnel CloudGustnado, und Staubteufel miteinander verwechselt, und ein Ereignis falsch bewertet bzw. bezeichnet. Deshalb soll hier eine kurze Abgrenzung der einzelnen Begriffe durchgeführt werden.

Tornadoarten

Grundsätzlich unterscheidet man hier zwischen zwei Tornado – Klassen, den Typ I – Tornados, und den Typ II – Tornados.

Typ I – Tornados

Dies sind die uns bekannten „Tornados“, die im Beisein einer Superzelle bzw. deren Mesozyklone (rotierender Aufwindbereich der Superzelle) auftreten.

Entstehung:
Richtungs- und Geschwindigkeitsscherung bedingen hochreichende Rotation (Mesozyklone), entstehender Rear Flank Downdraft erzeugt bodennahe Scherung mit horizontaler Vorticity (= Wirbelgröße oder Wirbelhaftigkeit), die durch den Aufwind in die Vertikale gekippt wird (nicht unumstritten, es gibt dazu viele Theorien!).

Verbreitung:
Überall, wo die Bedingungen für Superzellenbildung vorhanden sind, also Feuchtlabilität, Hebung und vertikale Windscherung. Zusätzlich begünstigt, wenn die Wolkenuntergrenze niedrig liegt und bodennah starke Windscherung herrscht. Mehrheitlich im Warmluftsektor von (flachen) Tiefdruckgebieten auftretend, seltener an Fronten gebunden, siehe die Sturmtiefdruckgebiete Kyrill/Emma, eher noch im Rückseitensektor präsent.

Typ II – Tornados

Dies sind die uns bekannten Landspouts, Waterspouts, die überwiegende Mehrheit aller „Wasserhosen“ sind Typ-II-bedingt.

Entstehung:
Es wird eine möglichst windschwache, scherungsarme Umgebung (horizontal wie vertikal) benötigt, möglichst viel Auftrieb in der unteren Atmosphäre und Zentren erhöhter vertikaler Vorticity, die in Form einer Bodenwindkonvergenz (=horizontalen Massenzufluss von Luftteilchen) vorliegt.

Verbreitung:
Vor allem entlang der Küstengebiete mit Seewind-Fronten sowie bei größeren Binnenseen in Mulden/Beckenlagen auftretend. Generell, auch über Land, begünstigt im Kernbereich von Höhentrogen (windschwach, Höhenkaltluft) sowie im Sommerhalbjahr bei Flachdrucklagen (viel Labilität, starke Aufheizung des Bodens, windschwach).

Funnel Cloud | „Tornadovorstufe“

Funnel Clouds werden im Deutschen auch als Wolkentrichter oder Blindtromben bezeichnet (Vergleich: Tornados bezeichnet man im Deutschen historisch bedingt als Großtromben).

Wolkentrichter können Vor- oder Zwischenstadien eines Tornados darstellen – nämlich dann, wenn der Luftwirbel noch nicht den Erdboden erreicht hat bzw. wenn ein Tornado sich kurzzeitig abschwächt und den Bodenkontakt verliert.

Leider gibt es hier mehrere Verwechslungsmöglichkeiten.

Entscheidend für die Existenz eines Tornados ist der Bodenkontakt des Wirbels, nicht des Wolkentrichters.

Daher wurden leider schon oft schwächere Tornados, deren Wolkentrichter nicht bis zum Boden reichte (aufgrund zu schwacher Druckdifferenzen, was keine vollständige Auskondensation des Luftwirbels zur Folge hat), fehlerhaft „nur“ als Blindtromben klassifiziert, obwohl am Boden Schäden auftraten bzw. der Luftwirbel dort durch aufgewirbelten Staub oder kleinere Trümmerteile sichtbar war.

Fälle aus der Vergangenheit haben zu folgender Faustregel geführt:

Handelt es sich um einen recht weit von der Wolkenbasis herab hängenden Trichter, der an der Wolkenbasis zudem eine relativ große Breite aufweist, dann wird der Luftwirbel meist Bodenkontakt haben, und es handelt sich eher um einen schwachen Tornado. Wolkentrichter, bei denen der Luftwirbel keinen Bodenkontakt hat, sind dagegen oft sehr dünn und kurz.

Funnelcloud über Wien, aufgenommen am 24.5.2010 © Stefan Hofer

Gustnado

Hierbei handelt es sich um eine Form von Wirbeln, die keine Tornados sind, sondern dynamisch erzeugte Kleintromben.

Gustnados entstehen an Böenfronten oder anderen Konvergenz- und Scherungslinien in der atmosphärischen Grenzschicht, an denen vertikale Wirbelstärke (Vorticity) vorhanden ist. An intensiven Böenfronten können solche Wirbel durchaus F1-Stärke auf der Fujita-Skala erreichen und damit schon nennenswerte Schäden verursachen. Nicht zuletzt werden Böenfrontwirbel deshalb oft fälschlicherweise als Tornados gemeldet. Der Wirbel selbst wird hauptsächlich durch hochgewirbelten Staub sichtbar, weniger durch Kondensation in seinem Innern. 

Allerdings kann sich ein Böenfrontwirbel zu einem Nicht-Superzellentornado (= Typ II – Tornado) entwickeln. Dies geschieht, wenn der Wirbel der Kleintrombe unter den Aufwindbereich einer konvektiven Wolke (Cu Congestus oder Cumulonimbus) gerät und sich durch Wirbeldehnung intensiviert. Dies kann geschehen, wenn eine Böenfront unter eine andere Gewitterzelle vordringt, oder wenn zwei solche Konvergenzlinien aufeinandertreffen und miteinander wechselwirken. Dann ist zum einen die vertikale Wirbelstärke besonders groß, zum anderen begünstigt die starke Horizontalkonvergenz die Neubildung einer cumuliformen Wolke. 

Viele Wasserhosen (z.B. auf dem Neusiedler See oder Bodensee) entstehen aus der Wechselwirkung von Böenfrontwirbeln und hochreichenden Cumuli. Da entlang einer Grenzschicht-Konvergenzlinie oftmals mehrere Wirbelstärkezentren vorhanden sind, wird auch erklärlich, warum bei Wasserhosen oder anderen Nicht-Superzellentornados über Land oft mehrere Wirbel gleichzeitig entlang der Konvergenzlinie auftreten.

Gustnado am 01. März 2008 am Neusiedler See © Nikolaus Kerö – darüber die beeindruckende Böenfront, die den Gustnado verursacht hat
Nahaufnahme des Gustnados am 01. März 2008 am Neusiedler See © Nikolaus Kerö

Staubteufel

Eine besonders exotische Wirbelform stellen die Staubteufel, oft auch als Dust Devils oder Sandhosen bezeichnet, dar.

Gerade diese Form hat nichts mit Tornados zu tun!

Es sind kleinräumige Wirbel, die am Boden (über Land oder Wasser) bei gutem Wetter und starker Sonneneinstrahlung entstehen und auf die atmosphärische Grenzschicht beschränkt bleiben. Staubteufel werden deshalb nur in den Sommermonaten beobachtet. Es liegt kein Kontakt mit hochreichenden Cumuluswolken vor. 

Normalerweise sind Staubteufel harmlose, aber optisch und akustisch schon recht eindrucksvolle Wirbel, die in seltenen Fällen mehrere hundert Meter hoch reichen können. Die Intensität bleibt meist bei F-1 oder F0, und es entstehen keine ernsthaften Schäden. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel.

Dustdevil, aufgenommen am 23. April 2011 in Kalsdorf bei Graz

Die Fujita-Skala

Tornado FAQ – Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Tornado und wie sieht er genau aus?

Schon der berühmte Alfred Wegener, der sich in Graz intensiv mit Tornadoforschung beschäftigte, gab 1917 eine Definition für einen Tornado, noch lange bevor man sich in den USA intensiv mit diesem Thema beschäftigte. Ganz ähnlich wie Wegener sieht man das auch heute noch:

Ein Tornado ist ein eng begrenzter und größtenteils vertikal verlaufender Luftwirbel, der von einer Konvektionswolke (Cumuluswolke, meist sogar Gewitterwolke) erzeugt wird und den Boden erreicht.

Wenn der Boden nicht erreicht wird, bezeichnet man die Erscheinung als Wolkentrichter, Wolkenrüssel oder Wolkenschlauch, englisch Funnelcloud. Allerdings Vorsicht: Der rotierende Schlauch ist nicht immer in voller Länge sichtbar. Sobald der heftig rotierende Wirbel den Boden (in Form von Wind) aber erreicht hat, ist es ein Tornado, egal ob der Schlauch sichtbar ist oder nicht.

Der horizontale Durchmesser von Tornados kann im Bereich zwischen etwa 10 Meter bis mehr als zwei Kilometer schwanken. Die Spur eines Tornados am Boden kann nur wenige Meter lang sein, oder auch mehrere hundert Kilometer. Die Windgeschwindigkeiten liegen meist zwischen 100 und 200 km/h, in seltenen Fällen sind jedoch schon etwa 500 km/h erreicht worden. 

Früher wurde für den Tornado im deutschsprachigen Raum in wissenschaftlichen Arbeiten meist der Begriff Großtrombe verwendet, der also ein Synonym darstellt. Die Begriffe Windhose und Radlwind, die in Österreich in der Umgangssprache gerne Verwendung finden, sind leider sehr uneindeutig und sollten daher möglichst nicht gebraucht werden.

Oft werden damit nämlich auch Wirbelwinde bezeichnet, die keine Tornados sind, wie zum Beispiel die sogenannten Staubteufel. Solche kleinräumigen Luftwirbel stehen nicht in direkter Wechselwirkung mit einer Cumuluswolke und können mit dem Begriff Kleintromben zusammengefasst werden. Kleintromben sind „harmlose“ Erscheinungen, die selten Windgeschwindigkeiten von mehr als 80 km/h erreichen. Sie werden nur dann sichtbar, wenn sie Staub, Heu oder Wasser aufwirbeln, besitzen jedoch keinen Kondensationsschlauch und keine Verbindung zu einer Wolke. Sie entstehen meist über stark erwärmten Bodenflächen.

Ist ein Hurrikan oder Taifun das gleiche wie ein Tornado?

Nein, das sind völlig unterschiedene Wetterereignisse!

Immer wieder werden die Begriffe Tornado, Wirbelsturm, Hurrikan und Taifun vermischt oder verwechselt. Der Begriff Wirbelsturm ist eine sehr allgemeine Bezeichnung und sagt daher nur wenig aus, denn auch die großen Tiefdrucksysteme über der Nordsee etwa sind Wirbel, also demnach oft Wirbelstürme.

Hurrikans und Taifune sind dagegen Erscheinungen, die ausschließlich in den Tropen und Subtropen entstehen (im Gegensatz zu Tornados, die auch in viel höheren Breiten, zum Beispiel in Schweden, anzutreffen sind). Deshalb werden diese Erscheinungen auch mit dem Begriff tropische Wirbelstürme zusammengefasst. Die Bezeichnung für genau dasselbe Phänomen lautet in den Gewässern des Atlantik und Ostpazifik Hurrikan, im Westpazifik Taifun, bei Australien manchmal auch Willi-Willi, und im Indischen Ozean manchmal auch Zyklon. All diese Begriffe bezeichnen exakt dasselbe.

Ein weiteres und viel markanteres Unterscheidungsmerkmal für den Laien ist jedoch der Größenunterschied: Während man einen Tornado als Wolkenschlauch mit dem eigenen Auge direkt beobachten kann, da er meist wenige 100 m im Durchmesser beträgt, sind die Ausmaße eines tropischen Wirbelsturms (Hurrikans, Taifuns, etc.) im Bereich zwischen etwa 100 und 1000 km angesiedelt. Man kann den gesamten Wirbel also nur noch vom Satelliten aus betrachten. Die Windgeschwindigkeiten können in tropischen Wirbelstürmen bis knapp über 300 km/h erreichen, also etwas weniger als in Tornados. Die betroffenen Flächen sind bei tropischen Wirbelstürmen aber natürlich viel größer.

Gibt es in Österreich Tornados?

Ein ganz klares JA, es gibt auch in Österreich Tornados!

In den meisten Regionen Österreichs (vor allem im Bergland) sind Tornados zwar (extrem) selten, es gibt allerdings mehrere Gegenden (z.B. oberösterreichischer Donauraum, Wiener und Grazer Becken), in denen Tornados immer wieder vorkommen, große Schäden anrichten können, und manchmal auch Menschenleben fordern. Wenn man ganz Österreich betrachtet, so dürfte es rund 10 Tornados pro Jahr geben. Von diesen wird allerdings nur ein Teil tatsächlich beobachtet. Die Dunkelziffer ist vor allem bei schwachen Tornados beträchtlich! Die größte Wahrscheinlichkeit für Tornados ist während der Gewittersaison in den Sommermonaten vorhanden.

Welcher war der bisher heftigste Tornado in Österreich?

Der Tornado mit den größten Schäden und den meisten Todesopfern ereignete sich am 10. Juli 1916 spätnachmittags in Wiener Neustadt (Niederösterreich, südliches Wiener Becken – Steinfeld). Ein ganzer Stadtteil, die „Josefstadt“, wurde damals verwüstet. 35 Menschen starben in den Trümmern, 328 wurden verletzt. Rekonstruktionen lassen auf Windspitzengeschwindigkeiten von mehr als 300 km/h schließen. Der Tornado ist in der ESWD (European Severe Weather Database) als F4-Tornado eingestuft.

Wie kann man Tornados und „normale“ Gewitterböen unterscheiden?

Leider oft nur sehr schwer!

Vor allem wenn man den Tornado nicht als solchen visuell erkennen kann, weil man mitten im Geschehen ist, oder weil heftiger Gewitterregen die Sicht nimmt, oder weil (wie in den meisten Fällen) nicht auf die Umgebung geachtet wird, dann lassen sich im Nachhinein die Geschehnisse nur schwierig rekonstruieren.

Im Gegensatz zu den USA oder den Ebenen Nord- und Osteuropas gibt es bei uns aufgrund der stark gegliederten Landschaft auch nur ganz selten langlebige Tornados, die über weitere Strecken verfolgt werden können. Manche Fälle sind allerdings eindeutig, wenn etwa Gegenstände vor den Augen des Beobachters „Ringelspiel fahren“ oder die Schäden auf kleinstem Raum Ausmaße erreichen, die durch kein anderes Wetterphänomen erklärbar sind. Bei vielen österreichischen Tornadoberichten (z. B. beim Tornado von Litschau) wurde erwähnt, dass der oft dunkle Wolkenrüssel zunächst als Rauch missinterpretiert wurde, bis man sah, welche Gewalt dieser „Rauch“ besaß.

„Normale“ Gewitterböen sind natürlich viel häufiger als Tornados und können ebenfalls große Schäden anrichten. Aufgrund der viel größeren Häufigkeiten solcher Gewitterstürme (englisch Downburst oder Microburst bzw. Macroburst, je nach Größe am Boden) ist auch der wirtschaftliche Schaden enorm. Sturmböen bei Gewittern können durchaus 150 km/h erreichen, manchmal auch noch etwas mehr. Gewitterböen kommen allerdings nicht an die Spitzenwerte heran, die bei heftigen Tornados beobachtet wurden.

Weiterhin treten kleinere und kurzlebige Wolkentrichter auch unter anderen Voraussetzungen auf und haben dann mit Tornados nichts zu tun. Dies betrifft Scherungs- und Kaltluft-Wolkentrichter. Bei diesen kann es durch lokale Windscherungen am Wolkenrand oder von der Wolkenbasis kleinräumig herabstürzende Kaltluft zu Wirbeln kommen, in denen Kondensation von Wolkentröpfchen stattfindet.